© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/18 / 05. Januar 2018

Ländersache: Mecklenburg-Vorpommern
Karriere im Küstennebel
Christian Schreiber

In ihrer Neujahrsansprache erklärte Manuela Schwesig ihren Landsleuten, sie wünsche sich für 2018 eine Mentalität des Miteinanders. Nicht alle der Angesprochenen konnte die SPD-Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern davon überzeugen. Vor allem die Damen und Herren des Richterbundes hatten zum Jahreswechsel „einen dicken Hals“. 

Und das aus gutem Grund. Denn Schwesigs bisheriger Leiter der Staatskanzlei, Christian Frenzel, wurde zum neuen Vorsitzenden Richter des Oberlandesgerichtes (OLG) in Rostock ernannt. Er tritt sein Amt am 18. Januar an. Der SPD-Mann hatte seinen Abschied aus der Politik bereits vor Monaten angekündigt, über die juristische Qualifikation zum Richteramt verfügt er auch. Dennoch geht der Richterbund davon aus, daß die Ministerpräsidentin höchstselbst den Wechsel verfügt und damit die Verfassung gebrochen habe. 

Im Grundgesetz heißt es, daß eine Stellenbesetzung im Öffentlichen Dienst nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu erfolgen hat. Der Landesvorsitzender der Standervertretung Axel Peters sprach gegenüber dem NDR von einem „einmaligen Vorgang“. Es sei zu bezweifeln, daß diese Ernennung nach einer „tragfähigen Auswahlentscheidung“ erfolgt sei. Mit der politischen Einflußnahme auf die Stellenbesetzung werde die Justiz als unabhängige Staatsgewalt „massiv beschädigt“. 

Dabei geht es den Richtern nicht darum, ihren Kollegen in Mißkredit zu bringen. „Dr. Frenzel ist durchaus ein besonders qualifizierter Kollege, den die Justiz sicher gut gebrauchen kann. Um so bedauerlicher ist es, wenn sein Amtsantritt durch solch ein zweifelhaftes Vorgehen unnötig in Mißkredit gebracht wird.“ Der Präsidialrat des Oberlandesgerichts hatte bei der Versetzung allerdings keine Einwände erhoben.  Nach Einschätzung des Richterbundes wäre es besser und transparenter gewesen, wenn sich der bisherige Chef der Staatskanzlei auf eine von derzeit zwei offenen Stellen beworben hätte. Stattdessen habe er die Überholspur genutzt. 

Die Ministerpräsidentin selbst ging in ihrer Ansprache übrigens nicht auf die personellen Turbulenzen ein. Auf Nachfrage schickte sie ihren Pressesprecher vor. „Die Ministerpräsidentin hat das Kabinett noch vor Weihnachten darüber informiert, daß jetzt alle Voraussetzungen für diesen Wechsel vorliegen“, sagte Regierungssprecher Andreas Timm. In Schwerin wurde zuletzt darüber gerätselt, warum Frenzel, ein 54 Jahre altes sozialdemokratisches Urgestein, eher plötzlich seinen Abschied erklärt hatte. Der Jurist war vor seiner politischen Karriere im Justizministerium sowie am Amtsgericht Schwerin tätig gewesen. Er war von Schwesigs Vorgänger Erwin Sellering in die Staatskanzlei geholt worden. Als der im vergangenen Juni aufgrund einer Krebserkrankung zurücktreten mußte, übernahm Schwesig zunächst das vorhandene Personal. Zuletzt soll die Chemie zwischen der Ministerpräsidentin und ihrer „rechten Hand“ aber nicht mehr gestimmt haben. 

Frenzels Mentor Sellering meldete sich kurz vor Jahresende wieder genesen in der Landespolitik zurück. Dessen Wechsel an die Spitze des OLG Rostock mochte er nicht kommentieren. Er werde Schwesig nirgendwo reinreden, ließ der frühere Landesvater verlauten.