© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/18 / 05. Januar 2018

Löwen, die laut brüllen, beißen auch?
CSU-Klausur: Halten die Christsozialen an ihren programmatischen Beschlüssen fest und fallen nicht um, ist eine Große Koalition undenkbar / SPD spottet
Paul Rosen

Das legendäre Wildbad Kreuth ist Geschichte, aber der dort seit Jahrzehnten von der CSU gepflegte rebellische Geist lebt und wird sich bei der am Donnerstag beginnenden Klausurtagung der CSU-Landesgruppe im oberbayerischen Kloster Seeon wieder gegen den Bund und die EU richten. Als gezielte Provokation darf auch der Besuch des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán verstanden werden, der vom  CSU-Landesgruppenvorsitzenden Alexander Dobrindt öffentlichkeitswirksam empfangen werden wird. Der Ungar kommt zum zweiten Male, um die „einzigartige Waffenbrüderschaft“ zwischen ihm und der CSU besonders in der Flüchtlingspolitik zu erneuern. Der neue österreichische Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wurde eingeladen, kommt aber nicht. 

Konfrontation mit der SPD ist absehbar

Das Rebellentum aus den bayerischen Bergen gegen den Rest der Welt ist Balsam für die durch die internen Machtkämpfe arg gestreßte CSU-Parteiseele. Parteichef Horst Seehofer und Finanzminister Markus Söder, sein designierter Nachfolger als Ministerpräsident, wollen nicht länger Parteifeinde sein, sondern als kräftiges Gespann bei den Koalitionsverhandlungen mit der SPD in Berlin möglichst viel herausholen: „Wir wollen immer das Beste für Bayern“, beschreibt Söder die Strategie. 

Das ist unbestritten. Aber ob die CSU das Beste für die geplante Große Koalition will, steht doch in Frage. Wenn die Bayern ihre Vorlagen für die Klausur in Kloster Seeon beschließen und standhaft in den Sondierungen mit der SPD (und auch der CDU) vertreten, wird die Große Koalition nie zustande kommen. Und Kanzlerin Angela Merkel (die übrigens nicht nach Seeon kommt) würde bestenfalls Chefin einer Minderheitsregierung. Oder die bayerische Totalblockade würde Neuwahlen im Sommer erzwingen, so daß es bis zum Herbst, wenn die Bayern ihren Landtag wählen, überhaupt keine neue Bundesregierung geben würde. In den Augen etlicher  bayerischer Landtagsabgeordneter wäre diese Variante  die bessere Voraussetzung für das Ziel der absoluten CSU-Mehrheit im Herbst als eine Große Koalition mit der SPD, die den Familiennachzug für Flüchtlinge und die Bürgerversicherung durchgesetzt hat. 

Solche SPD-Forderungen sind für die CSU reines Gift. Nur in „extremen humanitären Härtefällen“ könne es Ausnahmen vom Nachzugsverbot geben, erklärte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann. Weitere Forderungen der Landesgruppe, die in Kloster Seeon beschlossen werden sollen, könnten auch von der AfD kommen. So sollen im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge nach Afrika zurückgebracht werden. Leistungen für Asylbewerber sollen gekürzt werden. Die Entwicklungshilfe soll erhöht werden – aber nur für Länder, die Flüchtlinge zurücknehmen. 

Außerdem verlangt die CSU eine starke Aufstockung der Rüstungsausgaben, was die SPD strikt ablehnt. Auch in der Bildungspolitik ist Konfrontation mit der SPD angesagt: Die CSU möchte „bürgerlich-konservative Bildungspolitik“ und keine Gender-Ideologie und ist gegen Lernmethoden wie „Schreiben nach Gehör“. 

Die SPD reagierte mit strikter Ablehnung und Spott: „Anscheinend werden da jetzt noch mal die Backen aufgeblasen“, so der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich. Doch wenn die CSU nicht umfällt, wird Merkel keine Große Koalition bilden können.