© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 02/18 / 05. Januar 2018

Plädoyer gegen die Jagd
Kino: „Die Spur“ von Agnieszka Holland
Claus-M. Wolfschlag

Einen ungewöhnlichen Öko-Thriller hat Polen dieses Jahr für die Oscar-Verleihung in der Kategorie „Bester nicht englischsprachiger Film“ eingereicht. Der Film der Regisseurin Agnieszka Holland steckt voller poetischer Naturaufnahmen, und auch in der Aussage kommt manche Parallele zu Julian Pölslers „Die Wand“ von 2012 auf. Indes, Hollands Film offenbart zwar manchen spirituellen und grenzwissenschaftlichen Zug, überschreitet aber nie die Schwelle zum Phantastischen.

Im Mittelpunkt des Geschehens steht die schrullige alte Englischlehrerin Janina Duszejko (Agnieszka Mandat), die sich als fanatische Tierschützerin dem Kampf gegen die Jagd verschrieben hat. Die Gemeinschaft der Jäger wird dabei als rücksichtsloser und korrupter Männerbund dargestellt, dem die liebenswerte Alte scheinbar hilflos gegenübersteht. Zurückgezogen lebt sie mit ihren beiden Hunden in einem einsamen Waldhaus. Doch bald kommt es zu Morden in der Nachbarschaft. Erst erwischt es die Hunde der Lehrerin, dann werden zwei tote Jäger gefunden, scheinbar von Tieren attackiert. Schließlich findet Janina Duszejko hilfsbereite Freunde, die sie gegen eine schwerfällige Polizei unterstützen.

Der Film spielt in Schlesien 

Der Film nach dem Roman „Der Gesang der Fledermäuse“ von Olga Tokarczuk ist zuvörderst ein Plädoyer gegen das Töten von Tieren. Die Herstellung und der Konsum von Fleisch werden aus gedankenlosem Sportsgeist und grausamen Männlichkeitsritualen heraus erklärt, denen keine Berechtigung zugestanden wird. Doch trotz feministischer und veganer Tendenzen ist „Die Spur“ kein reiner Propagandafilm für das urbane, linksliberale Hipster-Publikum geworden. Dazu ist er auch zu verstiegen, zu radikalökologisch.

Hinzu kommt, daß der Film in Schlesien spielt und mehrfach leise Hinweise auf die deutsche Prägung des Landstrichs, die Vertreibung und das Nachkriegsleid eingestreut sind. Agnieszka Holland und ihre Tochter haben in Interviews betont, daß „Die Spur“ auch als Kommentar einer „weltoffenen Generation“ auf das Erstarken „traditioneller Wertorientierung“ in Polen und anderen europäischen Ländern verstanden werden soll. Bei der Berlinale gab es vielleicht auch dafür den „Silbernen Bären“. Doch diese politische Tendenz und die üblichen Äußerungen gegen „Rechtspopulismus“ haben dem insgesamt gelungenen Film zum Glück nicht schaden können.