© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/18 / 12. Januar 2018

Mehr Kinder, weniger Rentenansprüche
Sozialpolitik: Männer verfügen im Schnitt über mehr als doppelt so hohe Alterseinkommen wie Frauen / Beamtenpensionen „gendergerechter“?
Jörg Fischer

Wenn Experten für Genderforschung vom DGB-nahen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) einen „Gender Pension Gap“ beklagen, dann klingt das nach feministischer Ideologie. Denn daß Männer in Deutschland im Schnitt über doppelt so hohe Alterseinkommen wie Frauen verfügen, liegt nicht an einer „Phallokratie“ oder einer „Gläsernen Decke“ (Glass ceiling) für Arbeitnehmerinnen wie Genderprofessorinnen behaupten.

„Berufstätige Frauen nehmen häufiger Auszeiten für die Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen, arbeiten öfter in Teilzeit, werden im Schnitt schlechter bezahlt – und erwerben dementsprechend weniger Rentenansprüche“, gibt eine aktuelle WSI-Studie selbst zu. Und „schlechter bezahlt“ wird nicht wegen des Geschlechts, sondern wegen der Branche – Verkäuferinnen und Friseusen verdienen nun mal weniger als Mechatroniker oder Straßenbauer.

Kindererziehungszeiten sollen Rentenlücken stopfen

In der WSI-Studie finden sich aber jenseits des Gendersprech interessante Zahlen: Kindererziehungszeiten erhöhen die gesetzlichen Renten der Frauen – bei einem Kind sind es in Westdeutschland im Schnitt 91 Euro monatlich, bei vier Kindern sind es 365 Euro. In den Ostländern sind es 85 bzw. 343 Euro. „Der Frauenanteil unter allen Rentenzugängen mit Kindererziehungszeiten lag im Jahr 2014 bei 99 Prozent.“ Die Beiträge dafür zahlt der Bund. Daß die Grundvoraussetzung der umlagefinanzierten Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) – der eigene Nachwuchs – dem Staat so wenig wert ist, wird nicht thematisiert. Nur allgemein wird festgestellt: „Je mehr Kinder im Haushalt leben, desto größer ist die Genderlücke. Dabei sind bei beiden Geschlechtern mit wachsender Kinderzahl die bisher erworbenen Anwartschaften niedriger. Die Wirkung ist aber bei den Frauen größer als bei den Männern.“

Interessant ist auch: „Im Bereich der Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst (ZÖD) beziehen Frauen rein zahlenmäßig betrachtet sogar häufiger als Männer Leistungen.“ Und da Frauen im Schnitt niedrigere Erwerbseinkommen haben, erhalten sie bei der Riester-Rente eine etwas höhere staatliche Zulagenförderung als Männer, und auch der Anteil der staatlichen Zulagen an den Gesamtbeiträgen zur Riesterrente ist bei Frauen höher als bei Männern“, so das WSI.

Es gibt aber in Deutschland auch ein Genderparadies: Pensionierte Beamtinnen erhielten 2015 im Schnitt 1.967 Euro monatlich – nur 18 Prozent weniger als Pensionäre (2.388 Euro). In der öffentlich-rechtlichen berufsständischen Versorgung von Anwälten, Ärzten, Notaren oder Steuerberatern gab es 21 Prozent Unterschied (1.720 bzw. 2.178 Euro). In der GRV erhielten Rentnerinnen 2015 im Schnitt 634 Euro und Rentner 1.154 Euro monatlich – der „Gender Pension Gap“ lag damit bei 45 Prozent. Diese Rentenlücke werde sich aber vermindern, weil „bei den künftig in den Rentenbezug eintretenden Männern geringere Leistungen prognostiziert werden“. Sprich: Nach 47 lückenlosen Beitragsjahren gibt es nur noch eine GRV-Rente von 43 Prozent des Durchschnittsgehalts.

Studie „Alterseinkommen von Frauen und Männern“ (WSI Report 38/17): boeckler.de/