© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 03/18 / 12. Januar 2018

Neu befeuerte Debatte über die studentische Präsenzpflicht
Untaugliche Zwangsmaßnahme
(wm)

Zu einer ersten Amtshandlung der neuen NRW-Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen gehörte im Frühjahr 2017 die Ankündigung, die Präsenzpflicht an den Hochschulen des Landes wieder einzuführen. Damit hat die parteilose Juristin im schwarz-gelben Kabinett eine schon eingeschlafene Debatte wieder kräftig angefacht. War doch die Anwesenheitspflicht Teil der Verschulung des Studiums, wie sie die Bologna-Reform seit 1999 eingeführt hatte. Erst der wieder „Mündigkeit und Selbstverantwortung“ einfordernde studentische Bildungsstreik von 2009 führte dazu, diese „Überwachungspraxis“ aufzuheben. Was an dem durch Bologna verursachten Dilemma „reformierter“ Hochschulen nichts änderte, denen vor lauter Spezialismus, wie der emeritierte Bildungsforscher und Didaktiker Wolff-Dietrich Webler (Bielefeld) feststellt, die Grundidee des Studiums abhanden kam. Jetzt erneut auf die untaugliche Zwangsmaßnahme der Präsenzpflicht zu verfallen, hieße Symptome zu kurieren (Das Hochschulwesen, 4+5/2017). Stattdessen solle man sich auf „überfachliche Ziele“ des Studiums besinnen und weniger Kompetenzen als Bildung vermitteln. Dann locke der Hörsaal mit „faszinierenden Lernprozessen“ und gleiche „gravierende Identitätsverluste der Hochschule als Hochschule“ aus. Was einer Reform der Bologna-Reform ziemlich nahe käme. 


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