© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 04/18 / 19. Januar 2018

Der Flaneur
Am Buffet
Bernd Rademacher

Statt großer Geschenke war ein Beitrag zum gemeinsamen Essen gewünscht. Und wie das so ist, auf privaten Partys: Das Gros der Gäste knubbelt sich in der Küche, in Reichweite des Kühlschranks mit den Getränken.

Das Buffet ist eröffnet und sieht verlockend aus. Der Linsensalat und die Kürbis-Ingwer-Suppe sind appetitlich angerichtet, doch die Attraktion sind die bunten Antipasti und das wagenradgroße selbstgebackene Brot. Mmh, wie das duftet! Der Andrang ist sofort groß: Teller und Besteck klappern. 

„Von wem sind denn die genialen Antipasti?“ fragt die Gastgeberin. Sie seien von einem Kollegen, ruft es aus der Menge. Wie er denn die Marinade hinbekommen habe, will ein Nachbar wissen. Das Geheimnis sei der weiße Portwein, verrät der Hobbykoch, sich endlich zu erkennen gebend.

Es entspinnt sich eine Fachsimpelei unter Männern zu Garzeiten und Ofentemperaturen.

Auch der Urheber des köstlichen Brotes wird ermittelt und nach dem Rezept verhört. Nicht ohne Stolz zählt der Amateurbäcker drei Sorten Mehl und weitere Zutaten auf, aber den letzten Pfiff bekomme der Teig durch einen guten Schuß Buttermilch. Es entspinnt sich eine Fachsimpelei unter Männern: Mengenangaben, Garzeiten und Ofentemperaturen schwirren durch die Küche. Einer macht eine neue Pulle Sekt auf und reicht jedem einen Aperol Spritz. Die Männer prosten sich mit dem klebrig-süßen Aperitif zu.

Die Frauen sind außen vor. Sie unterhalten sich unterdessen über die Ticketpreise im Internet für das Stadionkonzert der Rock-Veteranen U2, analysieren die Bundesliga-Hinrunde und wie es jetzt wohl nach der „viel zu kurzen“ Winterpause weitergehen werde – natürlich nicht ohne einen Ausblick auf die im Sommer anstehende Fußballweltmeisterschaft zu wagen. 

Sie lassen lachend die Bügelverschlüsse ihrer Bierflaschen der lokalen Brauerei ploppen, dann gehen sie zum Rauchen auf den Balkon. Unter den Männern ist kein Raucher, sie bleiben drinnen. Draußen ist es ihnen sowieso zu „ungemütlich“.