© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/18 / 26. Januar 2018

Flüchtlingspolitik
Marshallplan für Syrien
Dieter Stein

Größter Sprengsatz für die kommende Bundesregierung wird die Migrationspolitik. Daß die Botschaft der Bundestagswahl noch immer nicht bei allen Politikern angekommen ist, zeigt der absurde Streit um den Familiennachzug, bei dem Lobbygruppen und linke Parteien darum kämpfen, daß die Aussetzung für „subsidiär Schutzbedürftige“ aufgehoben wird. Im wesentlichen geht es um die große Zahl von Asylbewerbern aus Syrien. 

 Seit Monaten mehren sich indes die Nachrichten, daß immer größere Teile des vom Bürgerkrieg verheerten Landes inzwischen wieder befriedet sind, insbesondere ist das Gebiet des Islamischen Staates auf einen Rest zusammengeschmolzen. Von den rund acht Millionen syrischen Binnenflüchtlingen und sechs Millionen Auslandsflüchtlingen kehren schon seit längerem immer mehr in ihre Heimat zurück. Auslandsflüchtlinge finden sich überwiegend in Lagern in Jordanien, dem Libanon und der Türkei.

Es wäre höchste Zeit, in ganz großem Stil die Rückreise syrischer Flüchtlinge aus Europa, insbesondere Deutschland, in ihre Heimat zu fördern und daran mitzuwirken, daß die Lage in diesem Land weiter stabilisiert wird. Rund 22 Milliarden Euro gab Deutschland 2016 für die Bewältigung der Flüchtlingskrise aus. Der Staatshaushalt von Syrien beträgt nur zwölf Milliarden. Es ist doch absurd, welchen Aufwand Deutschland betreibt, um Syrer 3.000 Kilometer von der Heimat entfernt unterzubringen und welche Wirkung ein Bruchteil des Geldes an Ort und Stelle entfalten könnte.

Der Bürgerkrieg hat die umkämpften Städte fürchterlich zerstört. Statt weiterhin Milliarden in fehlgeleitete „Integrationsmaßnahmen“ zu pumpen, sollte Deutschland mit der EU eine Art Marshallplan zum Wiederaufbau des zerstörten Landes und zur organisierten Rückkehr der Flüchtlinge initiieren, die in ihrer Heimat konkret Arbeit und Versorgung finden können.

Der syrisch-stämmige Arzt Salem El-Hamid schildert im Gespräch mit dieser Zeitung, wie sehr Integration und Aufstieg von Einwanderern nur mit „äußerstem Leistungswillen und unbedingter Anpassungsbereitschaft“ gelingen kann. Es sei eine naive Vorstellung, „jeder sei integrierbar und daß dies nur eine Frage der Zeit ist“. Zumal Zuwanderer heute auf eine in weiten Teilen antiautoritär geprägte Gesellschaft treffen, deren Institutionen instabil sind. An Schulen wird  schon einheimischen Kindern immer weniger abverlangt, Standards in Bildung und Erziehung werden immer weiter gesenkt, wir erleben regelrechte Verwahrlosung. Wir betrügen uns und Migranten, wenn wir weiter die Illusion einer unerfüllbaren „Integration“ aufrechterhalten, statt offen und ehrlich die Umkehr einzuleiten. Von einer organisierten Rückkehr profitieren beide – Syrien und Deutschland.