© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/18 / 26. Januar 2018

„Unsicherheit und Unfrieden importiert“
Ausländergewalt: Im Stadtzentrum von Cottbus greifen syrische Jugendliche innerhalb von sechs Tagen zweimal Deutsche an – mit Messern
Martina Meckelein

Die Cottbusser Altstadt mit Stadtmauer und den Barockfassaden der Häuser, die den Altmarkt umsäumen, ist entzückend. Kleine Gäßchen und schöne Läden und Gastwirtschaften. 100.000 Menschen leben in der kreisfreien Stadt in Brandenburg mit ihrer knapp 2.000jährigen Siedlungsgeschichte. Die größte Stadt der Lausitz hat viele touristische Sehenswürdigkeiten.

In die Schlagzeilen gerät sie zur Zeit leider aus ganz anderen Gründen. Junge syrische „Flüchtlinge“ oder Versorgungssuchende führen sich in der Stadt wie Eroberer auf. Sie fordern von deutschen Frauen „Respekt“ und den Vortritt und belästigen junge Mädchen. Ehemänner und Freunde, die den Frauen zur Seite stehen, werden zusammengeschlagen oder mit Messern bedroht. Und das nicht erst seit zwei Wochen. Viele Menschen haben Angst, einige sind wütend. Am Samstag demonstrierten viele Cottbusser und Brandenburger für ihre Heimat. „Die Stimmung in Cottbus ist angespannt. Was sich da vollzieht, ist keine Kleinigkeit“, sagt der Sprecher des brandenburgischen Innenministeriums, Ingo Decker (SPD).

Mit einem Messer das Gesicht zerschnitten

Das Blechen-Carré. Ein modernes Einkaufszentrum an der Karl-Liebknecht-Straße zwischen Altstadt und Bahnhof mit 85 Geschäften und Gastronomie auf drei Verkaufsebenen, dazu über 460 Parkplätze. Benannt nach dem aus Cottbus stammenden Landschaftsmaler Carl Blechen. Hier sind in den vergangenen zwei Wochen zwei Überfälle auf Deutsche durch syrische MuFls begangen worden: minderjährige, unbegleitete Flüchtlinge, oder jedenfalls solche, die sich dafür ausgeben. Das Geschehen löste deutschlandweit Empörung aus.

Am Freitag, dem 12. Januar, attackieren drei Syrer (14, 15, 17) ein deutsches Ehepaar. Von der Frau verlangen sie „Respekt“. Sie soll den Halbstarken den Vortritt vor der Eingangstür vom Einkaufszentrum lassen. Als ihr Ehemann einschreitet, wird er von den beiden Älteren geschlagen. Der 14jährige zückt ein Messer, bedroht den Mann. Ein mutiger Passant geht dazwischen, schreit: „Das Messer weg!“, berichtete drei Tage später die örtliche Lausitzer Rundschau. Eine Apothekerin greift zum Telefon und wählt den Notruf. Die drei Syrer fliehen, werden aber kurze Zeit später vom Wachschutz überwältigt.

Schon kurz nach der Tat bezeichnet Cottbus’ Oberbürgermeister Holger Kelch (CDU) den Überfall auf das Ehepaar als abscheulich. Laut der Online-Ausgabe der Zeitung will er den Eltern der Jugendlichen klarmachen, daß das Verhalten nicht ohne Konsequenzen bleibe. Nun plant die Stadt, einen tatbeteiligten 15jährigen und dessen Vater aus Stadt und Kreis auszuweisen. Wohlgemerkt: Nicht den 14jährigen, der den Mann mit einem Messer bedroht hat.

Nur fünf Tage später der nächste Überfall: Am 17. Januar, Mittwoch vergangener Woche, greifen zwei Syrer (15 und 16) einen deutschen Schüler (16) an der Straßenbahnhaltestelle Stadtpromenade an, direkt vor dem Blechen-Carré. Der ältere der beiden Syrer stößt den Gymnasiasten gegen eine haltende Straßenbahn. Dann zückt er ein Messer und zerschneidet ihm die linke Gesichtshälfte, knapp an der Halsschlagader vorbei, verletzt auch Hand und Oberschenkel. Der Deutsche rettet sich in das Einkaufszentrum. Er rennt in den ersten Stock und bricht vor einem Friseurgeschäft zusammen. Ein Wachmann zur JF: „Wir hörten Schreie, dann sahen wir die Blutspur und folgten ihr.“ Tags darauf nimmt die Polizei beide Syrer fest. Vorwurf: schwere Körperverletzung. Der Richter erläßt für beide Syrer Haftbefehl.

Es kommt nach Recherchen der Lausitzer Rundschau heraus, daß der 16jährige syrische Messerstecher zuvor schon durch Gewalttaten auffällig geworden war. Er soll Lehrer und Schüler bedroht, einen Schulverweis ignoriert, auf einem Bolzplatz deutsche Jugendliche angegriffen haben. Das Jugendamt habe einen Antrag auf stationäre Unterbringung gestellt und den teilweisen Entzug des Sorgerechts angeregt. Erfolglos.

Doch am Samstag nach dem Überfall sitzt kein „Flüchtling“ auf den Bänken auf der Galerie im ersten Stock des Einkaufszentrums. Sind sie alle geschockt? Vielleicht ist es um zehn Uhr noch zu früh am Morgen? Oder hat es sich unter den jungen Männern herumgesprochen, daß mittags demonstriert werden soll? Der organisierende Verein „Zukunft Heimat“ wurde 2015 gegründet. In Cottbus stellte er seither elf Demonstrationen auf die Beine.

„Ich zeige Ihnen Brennpunkte in der Stadt“, erklärt sich Norman P. bereit. Er ist Cottbusser, möchte seinen vollen Namen allerdings nicht in der Zeitung lesen. „Im Grunde ist es ganz einfach: Dort, wo Sie freies W-Lan haben, sitzen auch diese jungen Flüchtlinge“, erklärt er. Einen kostenlosen, kabellosen Internetzugang benötigen Smartphones, um Funktionen wie Facebook, Twitter, WhatsApp sowie Filme und Spiele anbieten zu können. Augenscheinlich besitzen fast alle Flüchtlinge Smartphones.

In Cottbus stieg laut Stadtverwaltung die Ausländerquote innerhalb von zwei Jahren von 2,5 Prozent auf acht Prozent, berichtet Die Welt. Zweimal ersuchte die Stadt Cottbus im vergangenen Jahr das Land um Zuzugsstopp – ohne Erfolg. Erst jetzt, nach den Vorfällen am Einkaufszentrum, gab das Land nach. Bis auf weiteres gilt eine Zuzugssperre. Doch wie soll verhindert werden, daß Flüchtlinge auf eigene Faust nach Cottbus ziehen? Die rot-rote Landesregierung hat die Residenzpflicht aufgehoben, Asylbewerber können wohnen, wo sie wollen. „Der Zuzug von asyl- und bleibeberechtigten Personen aus anderen Landkreisen sowie der Familiennachzug sind nicht plan- und vorhersehbar“, informiert die Stadt auf ihrer Netzseite.

Der Sprecher der Stadt Cottbus, Jan Gloßmann, sagte aktuell gegenüber der Welt: „In Cottbus leben inzwischen 8.000 Ausländer, darunter 3.400 Flüchtlinge, die übergroße Mehrheit sind Syrer.“ Auf dem Netzauftritt der Stadtverwaltung erfährt man: „Diese Menschen sind zum überwiegenden Teil in den vergangenen 2,5 Jahren nach Cottbus gekommen.“

Großer Unmut über Politik, Immigranten und Medien

Norman zeigt die Kickerstube vom Fanprojekt Cottbus. „Eigentlich für fußballbegeisterte Jugendliche gemacht, jetzt sitzen hier fast nur noch Flüchtlinge. Hier gehen immer weniger deutsche Jugendliche rein.“ Weiter geht es zur Stadthalle Cottbus. „Davor auf dem Platz und an der Straßenbahnhaltestelle lungerten deutsche und ausländische Jugendliche, aber auch Alkoholiker rum. Doch nach einem Alkoholverbot und der Ausweitung der Videoüberwachung ist es hier ruhiger geworden.“

Dessen ungeachtet sind hier noch Asylanten zu finden. Denn gleich daneben ist die Spree-Galerie. „Ebenfalls freies W-Lan. Und drinnen ist es warm, da kann man sogar rauchen.“ Aber der Cottbusser rät auch zur Vorsicht: „Unten sind die Toiletten, da kann schon mal die Tasche geklaut werden.“ Obwohl die „Flüchtlinge“ selbst außerhalb oder am Rande der Stadt in Schmellwitz und Sachsendorf wohnen, verdrängen sie durch ihre alleinige Anwesenheit und der Art ihres Auftretens immer mehr Einheimische aus der Innenstadt. Ist es da ein Wunder, daß der Verein „Zukunft Heimat“ unter dem Motto: „Verteidigen wir den öffentlichen Raum im Brennpunkt Cottbus!“ am Samstag um 13.30 Uhr zur Demo aufgerufen hat?

Samstag vormittag. Immer mehr Gruppenkraftwagen der Polizei stellen sich auf den Vorplatz des Blechen-Carrés. Der Himmel ist trübe, schneidend kalt der Wind. Eine ältere Dame kommt vorbei, schaut sich den Aufzug der Polizei an und sagt: „Jetzt sind sie da, aber wenn man sie wirklich braucht, kommen die nicht.“ Sie schüttelt den Kopf und geht.

Um halb zwei Uhr ist der Vorplatz so voller Menschen, daß die Polizei einen Teil der Liebknecht-Straße absperrt und für die Demonstranten freigibt. „Es ist eine Schande, daß wir hier heute schon wieder stehen müssen“, ruft Birgit Bessin, die stellvertretende Vorsitzende der AfD-Landtagsfraktion in Potsdam, den Demonstranten von der Pritsche eines Fahrzeugs entgegen. In Cottbus und Umgebung erzielte ihre Partei bei der Bundestagswahl im September 26,8 Prozent der Zweitstimmen.

„Natürlich war das, was jetzt im Blechen-Carré geschah, ausschlaggebend für mich, heute hier zu stehen“, sagt ein älterer Herr. „Aber das war ja nun nicht das einzige, was hier passiert ist.“

Stimmt. Am 29. Dezember bewerfen Syrer einen Deutschen mit Knallkörpern, am 23. Oktober prügeln sich Syrer und Deutsche am Vorplatz der Stadthalle. Am 8. Dezember 2016 wird eine Rentnerin in ihrer Wohnung ermordet. Der Täter fesselt Gerda K. (82) und stülpt ihr eine Plastiktüte über den Kopf, schnürt sie zusammen. Die Frau erstickt qualvoll. Dann durchwühlt der Mann die Wohnung. Drei Monate später faßt die Polizei den Raubmörder – einen 17jährigen Syrer. Im zweiten Anlauf wird ihm zur Zeit vor dem Jugendgericht der Prozeß gemacht. Die Anklage lautet auf Mord. Höchststrafe für den jungen Mann – zehn Jahre. Bisher kein Urteil.

Marian von Stürmer von der AfD Oberspreewald Lausitz erklimmt die Pritsche des Kleinlasters: „Es finden Attacken statt“, ruft er ins Mikro. „Übergriffe auf unsere Kinder, auf unsere Frauen und auf Versehrte und auf Behinderte. Was ist denn die Konsequenz aus dem Ganzen? Was tun die Leute aus dem Stadtparlament? Gar nichts!“ Schon ruft die Menge auf dem Vorplatz des Einkaufszentrums: „Merkel muß weg! Merkel muß weg!“ Und Hans-Christoph Berndt vom Verein „Zukunft Heimat“ sagt: „Wir haben uns Unsicherheit und Unfrieden importiert.“

Ein Feuerwehrwagen fährt vorbei. Aus dem Lautsprecher ertönt eine Stimme. Was genau gerufen wird, ist nicht zu verstehen. Später berichten Medien, es sei „Wir grüßen die Patrioten in Cottbus“, „Ein Hoch den Patrioten“ oder „Hallo Patrioten“ gerufen worden. Die Stadt hat inzwischen ein Disziplinarverfahren gegen den Feuerwehrmann eingeleitet.

Auf der Demonstration hagelt es Kritik an der Presse. Zumal am Rundfunk Berlin Brendenburg (RBB). Aber auch an der Bild-Zeitung. Die hat am Tag der Demonstration einen Seitenaufmacher ins Blatt gehoben, den viele Cottbusser als unwahr empfinden. Die Vorzeile lautet: „Nach Neonazi-Übergriffen und Ausländer-Gewalt nimmt die Stadt keine neuen Flüchtlinge mehr auf.“ Dazu ein unscharfes Foto von einem Fackelmarsch. „Die Stadt macht doch nicht dicht, weil es hier Neonazi-Übergriffe gab, sondern weil es Übergriffe auf Deutsche durch Ausländer gibt“, sagt ein Cottbusser. „Und das Foto vom Fackelmarsch ist ein Jahr alt. Die tun so, als ob das aktuell wäre.“

Um 14.52 Uhr singen alle zum Abschluß die Nationalhymne. Die Deutschen gehen nach Hause. Und schon füllen sich die Plätze auf der Galerie des Einkaufszentrums – mit jungen Ausländern in schnieken Klamotten und Nike-Turnschuhen. Polizisten, die Streife gehen, werden von ihnen frech angegrinst.