© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 05/18 / 26. Januar 2018

Umwelt
Streß für den Wald
Volker Kempf

Im vergangenen Jahr erlitten die Winzer und Obstbauern in Baden-Württemberg die größten Frostschäden seit 26 Jahren. Das Problem waren nicht nur zwei Minusgrade im April, sondern der Temperatursturz von 25 Grad Celsius aus. Auch die Forstwirtschaft erlebte erhebliche Einbußen: Das Holzwachstum liegt für 2017 um die Hälfte unter dem langjährigen Schnitt, wie das Institut für Forstwissenschaften der Uni Freiburg an Buchen- und Fichtenbeständen seit 1989 im Hochschwarzwald und seit 1997 in Freiburg-Günterstal am Stammumfang ermittelte. Die Austriebe hatten sich bis Mai verzögert, die Kraftreserven der Bäume gehen aber nach Auskunft von Waldökologen im März zurück. Der warme Januar in diesem Jahr könnte auch zum zusätzlichen Problem werden.

Vielleicht sollte zugunsten der Waldforschung bei den Gender-Studies gekürzt werden.

Extreme Temperaturschwankungen sind aber nicht das einzige Problem. In der Vergangenheit waren es meist Trockenperioden, die die Bäume streßten. Dann fallen die Jahresringe der Bäume schmaler aus. So auch bei einem Baum, der zwei Weltkriege, die extreme Trockenheit und Hitze 2003 überstand, den aber der Sturm von Anfang Januar umstürzen ließ. Die Wachstumsverläufe, die außerhalb der Norm liegen, würden sich häufen, erklärt Hans-Peter Kahle, Professor für Waldökologie in Freiburg gegenüber der Regionalzeitung Der Sonntag. Mittlerweile plagen die Waldökologen aber ganz andere Sorgen. Die Trockenstreßtoleranz, die eines der Kernprobleme für die Wälder darstellt, wollen Freiburger Waldökologen 2018 erforschen. Doch ein 2016 gestellter Projektantrag liege erst einmal auf Eis. Die Koalitionsverhandlungen ziehen sich hin, das nötige Geld harre damit einer Freigabe, kritisierte Kahle. Vielleicht sollte einmal bei den Gender-Studies gekürzt und bei wirklich wichtigen Dingen wie etwa dem Waldwachstum im Wandel oder Insektenpopulationen in Abhängigkeit zu Wetterbedingungen geforscht werden.