© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 06/18 / 02. Februar 2018

Zeitschriftenkritik: Damals
Auf dem Weg in die Diktatur
Werner Olles

Das Schwerpunktthema der aktuellen Ausgabe (2/2018) der monatlich erscheinenden Zeitschrift Damals (Untertitel: „Das Magazin für Geschichte“) lautet „Der Autrofaschismus – Österreich vor dem ‘Anschluß’“ und schildert die Zeit von 1918 bis 1938. Die „Erste Republik“ war wirtschaftlich schwach und gekennzeichnet von streng abgegrenzten politischen Lagern. Nach der Aufkündigung der großen Koalition im Sommer 1920 hatten die Parteien ihre Machtzonen abgesteckt. Die SPÖ dominierte in Wien, die Christlich-Sozialen in den ländlichen Gebieten. Marxisten, Klerikale und Deutschnationale betrachteten die Republik als Kampfplatz.

Als sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verschlechterten und der Aufstieg der österreichischen NSDAP Teile des deutschnationalen Wählerspektrums aufsog, gelangte im Mai 1932 mit Engelbert Dollfuß ein Mann ins Kanzleramt, dessen Ziel es war, die geschwächte Sozialdemokratie und die aufstrebende NSDAP durch Repressionen zu unterdrücken. Gestützt auf ein Notverordnungsrecht installierte Dollfuß eine autoritäre Regierung, die mit der katholischen Kirche kooperierte und vom Nachbarn Italien unterstützt wurde.

Die Beschreibung dieses Systems als „Austrofaschismus“ ist jedoch zu holzschnittartig. Österreich verstand sich als katholisch-ländliche Variante des Ständestaates und „Bollwerk des christlich-abendländischen Deutschtums“. Der Aufstand des „Republikanischen Schutzbundes“, des militärischen Arms der Sozialdemokratie, im Februar 1934 wurde durch Armee, Polizei und Heimwehr niedergeschlagen. Vier Monate später scheiterte ein von Hitler eingefädelter  Putsch, bei dem Dollfluß erschossen wurde. Neuer Kanzler wurde Kurt Schuschnigg, der den Ständestaat ausbaute.

Dabei wird jedoch der Alltag in Österreich einseitig beschrieben. Zwar seien im „Austrofaschismus“ Juden in den bürgerlichen Rechten gleichgestellt gewesen und konnten politische Mandate ausüben, doch in Politik, Wirtschaft und Kultur sei der Antisemitismus spürbar gewesen. Diese Aussage ignoriert, daß damals in fast allen europäischen Staaten antisemitische Tendenzen die Regel waren. Erst mit dem „Anschluß“, dem vor allem die katholische Kirche, die Monarchisten und die „Vaterländische Front“ feindlich gegenüberstanden, kam es zu einer Verhaftungswelle gegen Juden, Sozialdemokraten, Kommunisten, Monarchisten und Vaterländische. Schuschnigg wurde in Gestapo-Haft genommen und saß nacheinander in den KZs Dachau, Flossenbürg und Sachsenhausen. 

Weitere Beiträge befassen sich mit den Unabhängigkeitsbestrebungen der baltischen Staaten nach dem Ersten Weltkrieg, den „Wikingern des Ostens“ und den Ursprüngen der Kiewer Rus, dem Alltag der lutherischen und altgläubigen Pastoren während der Reformation sowie der Gründung der Max-Planck-Gesellschaft vor siebzig Jahren.

Kontakt: Konradin Medien GmbH, Ernst-Mey-Str. 8, 70771 Leinfelden-Echterdingen. Das Einzelheft kostet 6,90 Euro, ein Jahresabo 107,60 Euro. 

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