© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/18 / 09. Februar 2018

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Verdeckte Allianzen?
Christian Vollradt

Die Zersplitterung des bürgerlichen Lagers sei das größte Problem im Bundestag, bemerkte die fraktionslose Frauke Petry am Donnerstag vergangener Woche in der Debatte zum Antrag der AfD auf Wiedereinführung einer Demokratieklausel. In der Tat konnte man manchmal den Eindruck gewinnen, unter der gläsernen Kuppel ließen sich – ginge es bloß um die Sachen – Mehrheiten jenseits von „GroKo“ finden.

„Wer von diesem Staat für sein Engagement gegen Extremismus das Geld des Wählers und Steuerzahlers bekommt, hat auch die Verpflichtung, sich zu unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu bekennen“, begründete AfD-Mann Anton Friesen den Antrag seiner Fraktion und listete gleich mehrere Beispiele auf, in denen eher zweifelhafte Kandidaten aus dem islamistischen oder linksextremen Milieu mit Fördermitteln aus dem Steuersäckel bedacht worden waren. 

Der Widerspruch von Linkspartei und Grünen war aufgrund ideologischer Schnittmengen zu letzterem vorhersehbar: ebenso der aus der SPD, hatte doch Manuela Schwesig als Familienministerin die von ihrer Vorgängerin Kristina Schröder (CDU) eingeführte Klausel wieder abgeschafft. Spannender waren da schon die Windungen, die Union und FDP vollführen mußten: einerseits grundsätzlich für eine Demokratieklausel zu sein (wer nicht die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit biete, dem dürfe keine direkte oder indirekte Förderung zuteil werden), andererseits dem AfD-Antrag nicht zustimmen zu können (weil es der Partei an demokratischem Bewußtsein fehle, so der CDU-Abgeordnete Marcus Weinberg).  

Auch beim Thema doppelte Staatsangehörigkeit brachte die AfD einen Antrag ein, der fast identisch mit der Beschlußlage eines CDU-Parteitags von 2016 ist, wonach sich Kinder von Einwanderern künftig wieder zwischen der deutschen Staatsbürgerschaft und dem Paß des Herkunftslandes entscheiden sollen. Gegen die Pläne zur Einrichtung eines Europäischen Währungsfonds wenden sich AfD und FDP in getrennten Anträgen, aber mit derselben Zielsetzung. 

Als am Freitag über die Wolfspopulation gestritten wurde, verlief die Front geradezu klassisch entlang der Trennlinie links/rechts: SPD, Linke und Grüne auf der einen Seite, nämlich der der „Wolfsversteher“; auf der anderen Seite Union, AfD und FDP, die Wolf-Skeptiker. 

Kollateralopfer solch scheinbarer Koalitionen wurde indes der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Bernd Baumann. Er hatte im Vorfeld der Plenardebatte vor Journalisten angekündigt, seine Fraktion werde neben ihrem eigenen Antrag zur dauerhaften Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte auch dem der Union zustimmen, der dies zeitlich befristet vorsieht. Nach dem Motto: lieber die zweitbeste als gar keine Lösung. Bei der namentlichen Abstimmung dann stimmte nur ein AfDler für den Antrag der CDU/CSU: Baumann. Er gab später eine Erklärung zu Protokoll, wonach er versehentlich mit „Ja“ gestimmt habe. „Mein Votum lautet Nein.“