© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/18 / 09. Februar 2018

Selbstbedienungsläden mit Bildungsauftrag
Parteinahe Stiftungen: In einem intransparenten Verfahren steigen die Zuschüsse immer weiter
Paul Rosen

Die offizielle Parteienfinanzierung ist durch ein Verfassungsgerichtsurteil auf 160,5 Millionen Euro im Jahr begrenzt. Doch dieser Betrag ist nur die Spitze eines milliardenschweren Eisbergs mit öffentlichen Mitteln, die aus den Steuerkassen direkt oder indirekt zur Subventionierung des Parteienbetriebs verwendet werden. 

Durch eine parlamentarische Anfrage der AfD kam heraus, daß die parteinahen politischen Stiftungen der Bundestagsparteien im vergangenen Jahr 581,428 Millionen Euro aus verschiedenen Bundesministerien erhalten haben. Im Jahr zuvor waren es 554,478 Millionen Euro gewesen. Welche Dimension diese Summe hat, wird an einem Vergleich deutlich: Das Kindergeld hätte damit pro Kind und Monat um drei Euro erhöht werden können.  

Durchlauferhitzer für        politische Karrieren

Jeder bisherigen Bundestagspartei ist faktisch eine Stiftung zuzuordnen, nur die AfD hat bisher keine. Die Stiftungen sind offiziell vom jeweiligen Partei- und Fraktionsbetrieb getrennt, tatsächlich aber eine Art Durchlauferhitzer für die Vorbereitung der nächsten Generation für politische Karrieren. So werden an Studenten im Rahmen einer Begabtenförderung Stipendien gegeben.

 Die Zahl ehemaliger Stipendiaten im politischen Betrieb ist hoch. Die Stiftungen unterhalten Büros im Ausland, die laut Bundesregierung Hilfestellung zum Aufbau demokratischer, freiheitlicher und rechtsstaatlicher Strukturen leisten sollen. Meßbare und überprüfbare Ergebnisse gibt es nicht; zuweilen geraten Stiftungen aber in den Verdacht, eine Nebenaußenpolitik zu betrieben. Der den Grünen nahestehenden Heinrich-Böll-Stiftung wurde vorgeworfen, auf einer Tagung in der libanesischen Hauptstadt Beirut zu Israel-Feindlichkeit und Judenhaß beigetragen zu haben, wie es in einem Pressebericht hieß. 

Die Finanzierung der Parteistiftungen wird vom Haushaltsausschuß des Bundestages regelmäßig kurz vor Ende der Haushaltsberatungen zu nächtlicher Stunde in der sogenannten Bereinigungssitzung geregelt. Das heißt: Die Öffentlichkeit erfährt zu Beginn des Haushaltsverfahrens und während der gesamten Beratungszeit nichts über die intern längst vereinbarten Erhöhungen, die kurz vor Schluß in den Etat eingefügt werden. 

Dieses intransparente Verfahren führt zu Traumrenditen für die Stiftungen. So stieg die Zahlung aus dem Bundeshaushalt für die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung von 2016 auf 2017 von 162,899 Millionen auf 170,655 Millionen Euro. In den vergangenen zehn Jahren erhielt die Ebert-Stiftung 1,4 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt. Hinzu kommen wie bei den anderen Stiftungen auch Gelder aus Landeshaushalten. 

Die Bundesfinanzierung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung wurde von 2016 auf 2017 von 158,997 auf 167,083 Millionen Euro erhöht. Die Zahlungen an die Adenauer-Stiftung seit 2008 summieren sich auf 1,3 Milliarden Euro. Der Zuschuß für die der Linkspartei nahestehende Rosa-Luxemburg-Stiftung stieg von 61,073 auf 64,092 Millionen Euro.

 Knapp dahinter liegt die Böll-Stiftung mit 63,586 Millionen (Vorjahr: 61,088), gefolgt von der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung mit 58,429 (Vorjahr: 55,180) und der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung mit 57,578 (Vorjahr: 55,241). Die Zahlungen an die vier kleineren Stiftungen lagen in den vergangenen Jahren jeweils unter einer halben Milliarde Euro. Summa summarum haben die politischen Stiftungen in den vergangenen zehn Jahren 4,6 Milliarden Euro aus der Bundeskasse erhalten.

Erfolgreich war ihre gesellschaftliche und demokratische Bildungsarbeit nicht unbedingt. Die Stiftungen sollen Bürger über Veranstaltungen und Veröffentlichungen für Politik interessieren und letztlich für eine breitere Verankerung der Parteien im Volk sorgen. Doch je mehr die Staatsförderung stieg, desto weniger Wirkung zeigte die Arbeit: Allein in den vergangenen fünf Jahren verloren die Parteien rund 150.000 Mitglieder, seit 1990 sind es 1,2 Millionen. 

Es wird offenbar immer schwieriger, Teilnehmer für Bildungsveranstaltungen zu finden, wie eine Überprüfung der Seidel-Stiftung ergab. Eigentlich hätten die Bildungsstätten (die berühmteste war wohl die inzwischen geschlossene Einrichtung in Wildbad Kreuth) zu 80 Prozent mit Maßnahmen für politische Bildung ausgelastet sein müssen. Diesen Wert erreichte die Stiftung nicht und hätte Millionenbeträge an das damals vom CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich geführte Bundesinnenministerium zurückzahlen sollen. Wie in der Tageszeitung Die Welt nachzulesen war, wurde die Rückzahlung drastisch reduziert und die Grenze von 80 Prozent gestrichen. Und die Zuschüsse an die Stiftungen wurden in der Folge weiter erhöht.

Zur Finanzierung des Politikbetriebs dienen noch weitere Leistungen aus dem Bundesetat, etwa 212 Millionen Euro für die Beschäftigung von Abgeordneten-Mitarbeitern. 88 Millionen Euro erhalten die Fraktionen. Und gehen Abgeordnete in der allein für sie zugänglichen Abgeordneten-Gaststätte „Parlamentarische Gesellschaft“ in der Nähe des Reichstagsgebäudes essen oder Bier trinken, übernimmt der Steuerzahler über einen Zuschuß aus dem Bundestat in Höhe von 1,8 Millionen Euro einen Teil der Bewirtungskosten.