© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 07/18 / 09. Februar 2018

CD-Kritik: Jake Heggie – Joyce DiDonato
Großer Gott!
Jens Knorr

Great Scott!“ sagt der US-Amerikaner, wenn er „Großer Gott!“ sagen will. Und rein zufällig trägt die Hauptfigur in Jake Heggies Auftragswerk für die Dallas Opera, die international berühmte Opernsängerin im Zenit ihrer Laufbahn Arden Scott, eben diesen Namen. „Neue Leute, eine unbekannte Geschichte, neue Musik“ und „eine originale amerikanische Oper“, die „auf nichts“ zurückginge, offeriert Librettist Terence McNally.

Für seine „American Opera“ witzelt und schleimt sich Heggie durch allerlei Opern-, Handlungs- und Figuren-Stereotypien, die sich während der Gattungsgeschichte angesammelt haben, und kickt noch American Football drein – die „Welturaufführung“ der von Arden Scott ausgegrabenen Belcanto-Oper „Rosa Dolorosa“ findet am Super Bowl Sunday statt. Am Erfolg ihrer Premiere hängt die Existenz der angeschlagenen Opernkompanie, am Gewinn des Super Bowl die Existenz der „Grizzlies“, der Football-Mannschaft der Stadt.

Musikalisch greift Heggie weit hinter das alte Jahrhundert zurück, ohne dem neuen irgend vorzugreifen. Wenn aber ein Opernhaus einen lyrischen Mezzosopran vom Kaliber Joyce DiDonatos aufzubieten hätte, der Heggie die Titelpartie auf die Stimme komponiert hat, dann dürfte „Great Scott“ auch hierorts funktionieren. Saisonware muß über den Ladentisch gehen, solange sie frisch ist.

Jake Heggie Great Scott Joyce DiDonato Erato Records 2018 dallasopera.org; www.erato.com