© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/18 / 16. Februar 2018

Lesereinspruch

Farías lesen!

Zu: „Geschichtsblindes Weltanschauungsgefasel“ von Jürgen Schröder (JF 5/18)

Eigentlich ist das Foto des Beitrages (Heidegger-Zitat) zum Einschlafen: „Im Denken wird jeglich Ding einsam & langsam“. Aber dieser Versuch, Heidegger von seiner NS-Verstrickung freizusprechen, ihn zum „Opfer politisch korrekter Übergriffigkeit“ zu erklären, ist nicht nur hanebüchen, sondern empörend (so die Invektive gegen den Heidegger-Experten Günter Figal). Völlig außer acht läßt Ihr Autor das so fundamentale wie minutiöse Werk Victor Farías’, „Heidegger und der Nationalsozialismus“ (S. Fischer, 1989). In dessen Vorwort beschreibt Jürgen Habermas überzeugend, wie Heideggers nachdrücklicher Einsatz für die nationalsozialistische Revolution an den Universitäten, seine explizite Kampfansage gegen „humanisierende, christliche Vorstellungen“, für „eine messianische Aufbruchsstimmung von 1933“ steht, die zum Ende der NS-Diktatur „in eine apokalyptische Heilserwartung“ umschlägt, nach der nur noch in der größten Not auch das Rettende wächst. Diese Instrumentalisierung Hölderlins, der „spezifisch deutsche Professorenwahnwitz (...), den Führer führen zu wollen“, spricht doch  für sich – und gegen Ihren Beitrag.

Paul E. Weiss, München