© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/18 / 16. Februar 2018

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Die Ankündigung klingt ausgesprochen interessant: Parsifal im Knast. Erstmals präsentiert das Berliner Gefängnistheater aufBruch, das 2018 sein zwanzigjähriges Bestehen feiern kann, einen klassischen Opernstoff hinter den Mauern der Justizvollzugsanstalt (JVA) Berlin-Tegel. Das freie und unabhängige Theaterprojekt begreift sich und seine Arbeit nach eigenen Angaben als „künstlerische Vermittlung zwischen der Welt innerhalb der Gefängnismauern und derjenigen außerhalb“. Das Ziel sei es zum einen, mit den Mitteln der Kunst „den von der Öffentlichkeit ausgeschlossenen Ort Gefängnis derselben zugänglich zu machen“, und zum anderen durch darstellerisches Handwerk den Gefangenen „eine Sprache, eine Stimme und ein Gesicht zu verleihen“. Künstlerischer Leiter des Gefängnistheaters ist seit mehr als zehn Jahren der aus Dresden stammende Schauspieler und Regisseur Peter Atanassow. Er inszenierte dort bereits unter anderem „Kohlhaas“ nach Heinrich von Kleist, Stücke von Heiner Müller oder Schillers „Wallenstein“.


Wie uferlos wissenschaftliches Spezialistentum sein kann, zeigen exemplarisch halbjährlich die Vorschauen des Verlags Königshausen & Neumann in Würzburg. Ein Streifzug durch die Neuerscheinungen, in der Regel Dissertationen, versetzt mich stets in Ehrfucht.


Die Parsifal-Produktion in der Strafanstalt entsteht in Kooperation mit dem Education-Programm der Berliner Philharmoniker und der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“. Wagners letztes musikdramatisches Werk, das eigentlich ungefähr viereinhalb Stunden dauert, wird hier in einem stillgelegten Gefängnistrakt laut Ankündigung auf etwa 90 Minuten verdichtet. Die Inszenierung von aufBruch will die Geschichte Parsifals als Gleichnis über eine Welt erzählen, in der sich der Einzelne entscheiden muß, ob er Triebbefriedigung und persönliches Fortkommen über universelle moralische Werte setzt oder nicht. Die Premiere findet am 1. März statt, darauf folgen elf weitere Vorstellungen. Aufgrund des außergewöhnlichen Aufführungsortes sind Besuche nur mit persönlicher Anmeldung möglich. Beim Kartenerwerb im Vorverkauf (15 Euro) müssen Name, Geburtsdatum und Meldeadresse angegeben werden. Der Einlaß erfolgt nur nach Vorlage eines Ausweisdokuments. Kontakt: www.gefaengnistheater.de


„Die Zugehörigkeit zum intellektuellen Pöbel manifestiert sich in keiner Eigenschaft deutlicher als in der Unfähigkeit, die literarische Qualität eines Textes zu würdigen, dessen inhaltliche Tendenz einem zuwider ist.“ (Michael Klonovsky)