© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/18 / 16. Februar 2018

Umwelt
Weg mit der Grünsteuer
Jörg Fischer

Der Verbraucherschutzverein Foodwatch fordert die Abschaffung der Mehrwertsteuer auf frisches Obst und Gemüse. Das klingt gut, hat aber keine Chance. Die informelle Große Koalition braucht jeden Euro für ihre Weltbeglückung. Die Neoliberalen präferieren die indirekte Besteuerung, um so ihre Klientel besserzustellen. Dabei wären unbesteuerte Äpfel oder Möhren ein Segen für die Volksgesundheit und die Bauern. „Die Umsatzrenditen auf Süßes, Softdrinks, Snacks bewegen sich bei 15 Prozent, mit frischem Obst und Gemüse kann man Gewinnmargen von vielleicht fünf Prozent erzielen“, sagte Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker der Neuen Presse. In den USA wird Junkfood bereits seit 1974 der Kampf angesagt – zumindest bei jenen Armen, die ein Anrecht auf das Supplemental Nutrition Program for Women, Infants and Children haben. Die dürfen mit ihrer WIC-Karte zudem auch Müsli, Saft, Eier, Milch, Joghurt, Tofu, Vollkornbrot oder Fisch bezahlen.

Es wird ständig nach Vorwänden gesucht, den Bürgern ihr Geld aus der Tasche zu ziehen.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung warnt allerdings vor zuviel Obst: in Früchten stecke Zucker. Es gibt die Befürchtung, daß zuviel Fruchtzucker zur Einlagerung von Bauch- und Leberfett im Körper führt und eine Erkrankung an Diabetes begünstigt. Wer eine Fruktoseintoleranz hat, muß ohnehin vorsichtig sein. Zudem steckt Fruchtzucker in vielen Fertiglebensmitteln. Auch Schwangere sollten wegen der eigentlich gesunden Polyphenole nicht zuviel Obst essen. Das Gefährliche an dem Foodwatch-Vorschlag ist aber die Politpraxis. Warum? Es wird ständig nach Vorwänden gesucht, den Bürgern ihr Geld aus der Tasche zu ziehen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO fordert eine Zuckersteuer. Einige EU-Länder haben sie schon. Steuerfreies Obst und Gemüse hat keine Lobby. Nach der Bier- und Sektsteuer eine deutsche Zuckersteuer – das dürfte Foodwatch wie Finanzministern gut gefallen.