© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 08/18 / 16. Februar 2018

Prost! Ganbei!
Zuerst kam Frankreich: Mittlerweile kaufen sich Chinesen auch in deutschen Weinregionen ein
Paul Leonhard

Zu den Weinbergen des Traditionsweingutes „Mönchhof“ in Ürzig gehören erstklassige Lagen in den berühmten Steilhängen des „Ürziger Würzgartens“, des „Erdener Treppchens“ und des raren „Erdener Prälats“. Gern verweist Winzer Robert Eymael darauf, daß die Hänge ausschließlich mit wurzelechten, teilweise hundert Jahre alten Rieslingreben bepflanzt sind. Er schwärmt vom natürlichen Zusammenspiel von Klima, Boden und Landschaft, von den einzelnen Regentropfen über viele Sonnenstrahlen bis hin zur Hangneigung des Weinberges und dessen Mikroklima. 2018 werde ein spannendes Jahr werden, verspricht der 62jährige.

Das hofft auch der Chinese Yu Min, der das im Kreis Bernkastel-Wittlich gelegene Weingut Ende 2016 für die „BHC International Wine Assets Aanagement Group“ in Peking erworben hat und als Weinliebhaber von der mehr als 5.000jährigen Geschichte des Weinanbaus in seiner Heimat schwärmt.

Tatsächlich hat der Wein einen ganz besonderen Platz in der chinesischen Kultur und das nicht nur, weil der Staat sich seit der Einführung des staatlichen Weinmonopols durch Kaiser Wu in der Han-Dynastie hauptsächlich aus den Einnahmen der Weinsteuer finanzierte. In China wurde Wein zur Heilung von Krankheiten eingesetzt, galt als Mittel zur Lebensverlängerung und als Ausdruck von Lebensart und Etikette, von Kultur und Zivilisation. Im Laufe der Jahrtausende setzte sich allerdings der Reiswein durch, der heute als Nationalgetränk gilt.

Daß sich mit Rieslingweinen aus den besten Lagen an der Mosel gute Geschäfte machen lassen, davon ist BHC-Haupt­investor Han Xiaohuang überzeugt, der mit dem Kauf von französischen Weingütern gute Erfahrungen gemacht hat – europäische Tropfen gelten gerade bei zu Wohlstand gekommenen Chinesen als Statussymbol.

Immerhin kann man sich in Ürzig mit einer fast tausendjährigen Tradition schmücken. Aus dem Jahr 1171 stammt ein Schreiben, in dem Papst Alexander III. der Zisterzienserabtei Himmerod den Weinbergbesitz bestätigt. Die Familie Eymael wiederum ersteigerte das Weingut 1804 nach der Säkularisierung unter Napoleon in Paris.

Der Erwerb eines anerkannten Weingutes mit langer Geschichte an der Mosel sei ein weiterer „Meilenstein für unsere Unternehmensgruppe“, freute sich der Chinese über den gelungenen Geschäftsabschluß, dem zweijährige Verhandlungen vorausgingen.

Das wichtigste Ergebnis: Winzer Eymael hat zwar für mehrere Millionen Euro das zwölf Hektar Weinberge umfassende Gut samt Elternhaus verkauft, das sich 212 Jahre in Familienbesitz befand, bleibt aber als Geschäftsführer an der Spitze des eingespielten Betriebs. 

Natürlich ist der chinesische Investor nicht allein als Weinliebhaber aktiv geworden. Neben dem renommierten Weingut an der Mosel, zu dem seit 2001 auch das VDP-Weingut Joh. Jos. Christoffel Erben gehört, ist BHC an Weingütern in den USA und Australien sowie an Hotels und Uhrenfabriken in der Schweiz interessiert.

Reiche Winzer bauen pompöse Schlösser nach

Einer, der das Interesse der Chinesen an der deutschen Weinkultur anheizt, ist Christoph Hinderfeld, Vorstand der DWE Weingüter Entwicklungs AG und Geschäftsführer der WDH Weingüter GmbH. Dieser hatte im Herbst auf einer von den Millionenstädten Suzhou und Wuzhong organisierten Investorenkonferenz über deutsche Weine, deren Wertentwicklungspotentiale und Marktchancen gesprochen und die Gründung einer Exportgesellschaft mit chinesischen Partnern in Aussicht gestellt. Hinderfeld verweist auf einen riesigen Absatzmarkt, der entsteht. Zwischen Mai 2016 und Mai 2017 wurden 3,7 Millionen Liter deutscher Wein im Wert von rund 16 Millionen Euro nach China geliefert, womit das Reich der Mitte Deutschlands viertgrößter Wein-Export-Markt ist.

Einige chinesische Investoren wollen es nicht beim Import belassen. Sie bauen nach europäischem Vorbild ganze Weingüter und pompöse Schlösser nach. Viele lokale Produzenten greifen auf das Fachwissen ausländischer Unternehmen wie Pernod-Ricard oder Bodega Torres zurück. Der Weißwein „Dynasty“ und der Schaumwein „Imperial Court“ werden beispielsweise in Zusammenarbeit mit Rémy Martin produziert.

Aufsehen erregte die Geschichte des Moselwinzers Peter Storck aus Traben-Trarbach, der im Nordosten Chinas, wo es nur 140 bis 150 eisfreie Tage gibt, bei der Produktion von Eiswein hilft. Die Idee dazu hatte der Unternehmer und Weinliebhaber Jinbo Xu. 2015 konnte er die 9.000 Flaschen mit Eiswein zum Stückpreis von rund 150 Euro verkaufen. Ein Erfolg, der ihn ermutigt, weitere Hektar mit frostresistenten Reben zu bepflanzen.