© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 09/18 / 23. Februar 2018

Frisch gepresst

Geheimdienste. Was sich nicht auf offener Bühne, sondern hinter den Kulissen politisch abspielt, dafür zeigen deutsche Zeithistoriker traditionell eher geringes Interesse. Anders als in Großbritannien und den USA ist „Geheimdienstgeschichte“ daher eine Disziplin, die die Zunft gern Privatgelehrten überläßt. Wie dem Berliner Historiker Jürgen W. Schmidt, der auf diesem Feld hierzulande als unangefochtener Matador gelten kann. Er legt jetzt schon den fünften, stattlichen Band seiner Reihe „Geheimdienstgeschichte“ vor. Neben historischen „Aufsätzen und Dokumenten zu 130 Jahren Geheimdienstgeschichte“ ist die als „Literaturbericht“ genregerecht gut getarnte, furiose Einleitung Schmidts zur Lektüre zu empfehlen. Sie widmet sich den aktuellen Entwicklungen in der Bunten Republik Deutschland. Der Autor schlägt dabei den Bogen vom jüngsten Personalwechsel an der Spitze des BND, der 2016 den Schäuble-Adlatus Bruno Kahl an die Stelle des unbequemen „Ausmisters“ Gerhard Schindler setzte, über die politisch-mediale Verharmlosung aller sicherheitsrelevanten Aspekte der verfassungswidrig geförderten Masseneinwanderung bis hin zu MAD-Anstrengungen, wenigstens den Anteil der Salafisten unter den Bundeswehrsoldaten mit Migrationshintergrund klein zu halten. (ob)

Jürgen W. Schmidt (Hrsg.): Spionage, Doppelagenten und islamistische Bedrohung. Ludwigsfelder Verlagshaus, Ludwigsfelde 2017, broschiert, 339 Seiten, Abbildungen, 25 Euro





Kolonien. Österreich-Ungarn war neben dem Zarenreich die einzige Großmacht, die keine Überseekolonien hatte. Die politische Expansion war in Wien jahrhundertelang nach Südosten ausgerichtet, wo man nach 1878 mit der Übernahme der Verwaltung in Bosnien-Herzegowina (und 1908 mit deren Annexion) seine größte Ausdehnung erreichte. Der Journalist Simon Loidl stellt dennoch vorhandene, nicht ganz einflußlose Bewegungen im k.u.k. Reich vor – allein der „Flottenverein hatte über 80.000 Mitglieder –, die ferne Kolonien im Blick hatten. Als sich die Österreich-Ungarische Kolonialgesellschaft 1894 gründete, war dummerweise der Erdball schon aufgeteilt. Koloniale Ambitionen gab es lediglich zuvor während des Rio-de-Oro-Unternehmens im öden, südlichen Teil der spanischen West-Sahara oder in Auswandererregionen in Südamerika. (bä)

Simon Loidl: „Europa ist zu enge geworden.“ Kolonialpropaganda in Österreich-Ungarn 1885 bis 1918. Promedia Verlag, Wien 2017, broschiert, 232 Seiten, 25 Euro