© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/18 / 02. März 2018

Zeitschriftenkritik: Aufatmen
Geistliches Kraftfutter
Werner Olles

Durchatmen, aufatmen, zur Ruhe kommen, spüren, wie einem ein Stein von der Seele fällt. Wer möchte das nicht erleben? Die überfüllten Praxen von Psychiatern und Psychologen sprechen allerdings eine andere Sprache. Berufliche Überlastung oder drohender Arbeitsplatzverlust, private Zwistigkeiten bis hin zu Trennungsängsten, finanzielle und gesundheitliche Probleme, Einsamkeit beziehungsweise das Gefühl, von allen verlassen zu sein, führen zu Krankheiten wie Depressionen und Burn-out sowie ähnlichen Befindlichkeitsstörungen. In unserer säkularisierten und überindividualisierten Gesellschaft ist das Spirituelle und sind die religiösen Rituale, die vielen Menschen Halt gaben, weitgehend verschwunden.

Die vierteljährlich erscheinende Zeitschrift Aufatmen (Untertitel: „Gott begegnen – Authentisch leben“) versucht auf diese Fragen und Sorgen Antworten zu geben, die nicht nur für gläubige Christen hilfreich sein können. Selbst bekennende Agnostiker und Atheisten dürfen sich hier angesprochen fühlen. Gewiß mag das nicht immer alles nach ihrem Geschmack sein, doch ist das auch nicht das Anliegen der Zeitschrift. Sie will zum Nachdenken anregen, Auswege aus Konflikten aufzeigen und „geistliches Kraftfutter“ bieten sowie darauf hinweisen, daß das Christentum – anders als beispielsweise der Islam –eine Botschaft der Liebe und Vergebung ist.

Die aktuelle Ausgabe von Aufatmen (Februar-April, 1/2018) befaßt sich in ihrem Schwerpunktthema mit der Frage „Was eint uns?“ Daß es nicht einfach ist, als Christ Einheit zu leben, darauf weist Chefredakteur Ulrich Eggers in seinem Vorwort hin. Dem einen ist sein Gegenüber zu konservativ, dem anderen zu liberal. Auch in evangelikalen Kreisen, denen die Zeitschrift nahesteht, bringen solche Streitfragen manche bis an den Rand ihrer emotionalen Kraft. Doch helfen Zynismus und Hochmut nicht weiter. In den verschiedensten Phasen des Glaubens, vom naiven zum komplexen Glauben, helfe es jedoch, sich Gott anzuvertrauen wie ein Kind und Grübeln, Fragen, Zweifel, Abwägen sein zu lassen.

Über das Geheimnis des Abendmahls schreibt die Psychologin und Erziehungswissenschaftlerin Ann Voskamp, die mit ihrem Mann und sechs Kindern auf einer Farm in mennonitischer Gemeinschaft in Ontario/Kanada lebt, während der Musiker, Produzent und Toningenieur Albert Frey sich Gott am nächsten fühlt, wenn er allein mit ihm in der Natur ist, beim Pilgern auf einem der Jakobswege, und die Wiesen und Wälder, die Berge und Täler für ihn zu einem heiligen Ort werden. Der Theologe Tobias Faix erklärt in seinem Beitrag „Die Mitte ist Christus“, warum geistliche Einheit nicht unsere Entscheidung ist. Die Frage, was eine verunsicherte, dezimierte Christenheit verbindet, bewegt auch Pastor Klaus-Günter Pache, während sein Amtsbruder Christof Lenzen dafür plädiert, Unterschiede nicht nur trennend zu erleben, um der Traumatisierung des Glaubens zu entgehen.

Kontakt: SCM Bundes-Verlag, Bodenborn 43, 58452 Witten. Das Einzelheft kostet 7,40 Euro, ein Jahresabo 24,80 Euro. 

 www.aufatmen.de