© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 10/18 / 02. März 2018

„Nimm’ Wasser zur Suppe, heißt alle willkommen!“
„Jungle World“-Propaganda in den „Blättern für deutsche und internationale Politik“: Ein No-Border-Prediger eifert gegen Ansätze der EU-Flüchtlingsabwehr
Oliver Busch

Wer sich eine Vorstellung davon machen will, in welchem Ausmaß die Akademikerschaft die organisierte Realitätsverweigerung der politisch-medialen Klasse teilt, der lese einen Aufsatz des in Münster lehrenden „Migrationsethikers“ Matthias Hoesch, der dafür plädiert, „allen Menschen“, derzeit also sieben Milliarden, die Chance zu geben, auf deutschem Boden einen Asylantrag zu stellen (FAZ vom 30. November 2017).

Was dieser Juniorprofessor in seinem vom Staub der Wirklichkeit freien Reinraum angelsächsischer Gerechtigkeitstheorien doziert, zahlen Legionen von Journalisten in weniger abstrakt klingenden Münzen aus. Wie Johannes Simon, Jahrgang 1989, der über sich verrät, „Nordamerikastudien“ getrieben zu haben, nun aber als „Spezialist“ für die „Flüchtlingskrise“ im Mittelmeerraum gelten will und sich über dieses Thema in Jungle World, taz, Konkret und ähnlichen linken bis linksextremistischen Intelligenzblättern eifernd verbreitet – mit einem gefühlten Artikel wöchentlich. Bei diesem Produktionstempo kamen nun auch die Leser der linken bis linksliberalen Blätter für deutsche und internationale Politik in den hohen Lektüregenuß eines immer dieselbe Walze drehenden Simon-Textes: „Im Namen der Demokratie: Flüchtlingsabwehr um jeden Preis“ (Heft 11/2017).

Wie stets, so übt der Autor auch diesmal strenge geistige Askese und begnügt sich mit dem schlichten Vorwurf an die Adresse Brüssels und Berlins. Natürlich nicht, um die minimale, allenfalls als Schritte in die richtige Richtung akzeptable Anstrengungen zu unternehmen, um den afrikanisch-orientalischen Ansturm von Eindringlingen in die Sozialsysteme Europas einzudämmen. Vom archimedischen Punkt humanitärer Verpflichtung zu obergrenzenloser Aufnahme, wie sie auch Hoesch dekretiert, ausgehend, spinnt Simon routiniert den immer gleichen Faden, ausgehend von einer „Schuld der Europäer“. 

„Australisches Modell“ als Schreckgespenst

Offenkundig absichtslos führt der No-Border-Prediger allerdings eindrucksvoll vor, daß Realpolitik sich gesetzmäßig in „Schuld“ verstrickt und sich wie jedes Handeln vor den idealen Forderungen der Gesinnungsethik blamieren muß. Wie dies auch der EU passiert, der Simon vorhält, mit ihrer „Abschottungspolitik“ gegenüber Afrika in Libyen die Menschenrechte zu mißachten, weil sie in einem zerfallenen Staatswesen Milizen und Warlords für die „Flüchtlingsabwehr“ finanziert. 

Weil ihre Externalisierungsstrategie, ihr Grenzregime möglichst weit weg von Europa in Afrika zu errichten und die Stabilität der Sahelzone zu erhöhen, die „komplexen Realitäten in der Region“ verkenne, in der die Schmuggelökonomie zum Wirtschaftsboom beitrage. 

Ausgerechnet in diesem „explosiven Kontext“ setze die EU auf „Militarisierung“, wenn sie Burkina Faso, Mali, Tschad, Mauretanien und Niger helfe, eine gemeinsame Armee aufzubauen, um die Menschenhandelsrouten Richtung Libyen zu blockieren. Mit dieser Politik, die nach Simons tatsächlich zutreffender Analyse darauf hinausläuft, das „Australische Modell“ strikter Absperrung gegen Wirtschaftsflüchtlinge zu übernehmen, wenn sie halbwegs erfolgreich sein will, und mittelfristig überhaupt zur Abschaffung des Einfallstors „Asyl“ und der Anreize von „Weltsozialämtern“ wie Deutschland oder Schweden zwingen dürfte, reagieren die herrschenden Eliten auf die „rechtspopulistische Rebellion gegen das liberale Europa“. Sehr spät und immer noch zu halbherzig, aber ohne Abschottung ginge es zu Ende mit dem „liberalen Europa“, das selbst wirklichkeitsabstinenten Humanitaristen wie Simon Freigang gewährt.