© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/18 / 09. März 2018

Die HSH Nordbank wird an US-Finanzinvestoren verkauft
Verantwortungslos
Dirk Meyer

Die Regierungschefs von Hamburg und Schleswig-Holstein, Olaf Scholz (SPD) und Daniel Günther (CDU), sind zufrieden: Eine Bietergemeinschaft um Christopher Flowers und den Investmentfonds Cerberus zahlen für die havarierte HSH Nordbank rund eine Milliarde Euro. Per Saldo bleiben ein Steuergrab für beide Länder von neun und 14 Milliarden Euro und eine ungewisse Zukunft für die von 1.900 auf 1.300 zu reduzierenden Arbeitsplätze. Vorausgesetzt, die Parlamente, Kartellbehörden, Bankenaufsicht und EU-Kommission stimmen dem Verkauf zu.

Ein klassischer Dreiklang struktureller Verantwortungslosigkeit bildete die Ursachen und wurde durch den Einfluß der Politik auf die 2003 fusionierten Landesbanken noch potenziert. Mangelnde Fachkenntnisse nicht nur der Kontrollgremien, wohl auch der Vorstände im Detail, ermöglichten ein Eigenleben der Bank bzw. der Kreditverkäufer und Wertpapierhändler. Sogar Hilfen zur Steuerhinterziehung zur Tochter nach Luxemburg und nach Panama ließ der politisch besetzte Aufsichtsrat scheinbar unwidersprochen.

Zudem führte das unsymmetrische Anreizsystem für die Händler aus Boni für Gewinne und fehlenden Sanktionen bei Verlusten zu einer verantwortungslosen Risikoübernahme ohne Haftung. Risikogeschäfte mit strukturierten Wertpapieren in den USA und mit Schiffahrtskrediten bildeten Klumpenrisiken, die infolge der Finanzkrise 2008 und der Schifffahrtskrise 2009 zur Beinahe-Pleite führten. Schließlich beförderte die Gier der Politik mit Vorgaben von Kapitalrenditen von bis zu 17 Prozent das Debakel. Man wollte mit den Einnahmen aus dem Verkaufserlös die Länderhaushalte sanieren.

Doch es kam anders: Verluste aus Eigenkapitalaufstockung (drei Milliarden Euro), Verlustgarantien (zehn Milliarden) abzüglich Gebühren für den Garantierahmen (3,3 Milliarden) und der Verkaufserlös (eine Milliarde) führten zu einem Mindestschaden von etwa neun Milliarden Euro. Durch Verlustrisiken aus notleidenden Schiffskrediten (2,4 Milliarden) und der Gewährsträgerhaftung sowie durch Pensionslasten (drei Milliarden) könnten sogar 14 Milliarden Euro erreicht werden. Für das klamme Schleswig-Holstein steigt die Verschuldung um 17 bzw. 24 Prozent. Jeden Einwohner kostet der Ausflug in die Bankenwelt mindestens 1.607 Euro.

Alternativ könnten für 32 Jahre die Kita- und Krippengebühren entfallen, etwa dreimal die Toilettensanierung der 1.316 allgemeinbildenden Schulen geleistet oder für 163 Jahre die Straßenausbaubeiträge der Anwohner gezahlt werden. Bei einem doppelt so hohen Pro-Kopf-Einkommen könnte Hamburg 14 Elbphilharmonien bauen, eine Komplettsanierung aller Schulen und Hochschulen vornehmen oder eine 35 Kilometer lange U-Bahn bauen.






Prof. Dr. Dirk Meyer lehrt Ökonomie an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.