© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 11/18 / 09. März 2018

Knapp daneben
Qualitätsfernsehen ist möglich
Karl Heinzen

Senioren sind nur zu früh geboren“, heißt das neue, lang erwartete Album von Tony Marshall. Mit ihm hat er sich selbst ein Geburtstagsgeschenk gemacht. Vor kurzem wurde er 80 und durfte auf einer von seinem Sohn Marc organisierten Überraschungsparty so richtig auf die Pauke hauen. Dazu hatte er auch allen Grund. In dem halben Jahrhundert seiner Karriere hat er über 8.000 Auftritte absolviert und weit mehr als 100 Tonträger veröffentlicht.

Lieder wie „Schöne Maid“ und „Junge, die Welt ist schön“ machten Millionen glücklich. Noch immer ist er der Star einer ganzen Generation. Ihr will der Ehrenbürger von Baden-Baden und Bora Bora aber nicht nur den Lebensabend musikalisch vergolden. Er macht sich auch für ihre Interessen stark. „In Deutschland“, klagte er in der Bild-Zeitung, „leben 21 Millionen Rentner, die jeden Monat brav ihre TV-Gebühren bezahlen. Das deutsche Fernsehen hat diese Menschen vergessen, die Verantwortlichen produzieren ihre Shows am alten Publikum vorbei.“ 

Die TV-Sendungen werden auf eine Jugendlichkeit getrimmt, die nicht repräsentativ für das Publikum ist.

Dies ist richtig beobachtet und gilt nicht nur für die Unterhaltungsformate, sondern das Programm insgesamt. Irgend jemand hat den TV-Machern früher einmal erzählt, daß es auf die Zielgruppe der 14- bis 49jährigen ankomme, da diese für die Werbekunden die einzig wichtige sei. Seither trimmen sie ihre Sendungen auf eine Jugendlichkeit, die längst nicht mehr repräsentativ für das Publikum ist. Heute sind die Senioren in der Mehrheit, und sie haben das Geld, das die TV-Spots lockermachen soll. Während die mittlere Generation arbeiten muß und die Jungen zu degeneriert sind, um sich auf so etwas Anstrengendes wie Fernsehen zu konzentrieren, lassen sie von morgens bis abends die Glotze laufen. Da sie durch den flimmernden Bildschirm bloß etwas Leben in die eigenen vier Wände holen wollen, sind ihre Ansprüche gering. Eigentlich würde es ausreichen, das vor 50 Jahren ausgestrahlte Programm einfach zu wiederholen. Mit diesem Konzept ließen sich nicht nur Sender aus der Krise führen und Rundfunkgebühren neu rechtfertigen. Man könnte auch zeigen, daß Qualitätsfernsehen tatsächlich möglich war.