© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 14/18 / 30. März 2018

Jörg Kukies wird Staatssekretär im Bundesfinanzministerium
Ein Goldman(n) für Scholz
Carsten Müller

Politische Sensibilität scheint nicht mehr Sache der SPD zu sein. Man wirft Union und Liberalen gerne vor, eine besondere Nähe zum Kapital zu haben. Doch sozialdemokratische Finanzminister stehen dem nicht nach. So hat Olaf Scholz seinen Parteigenossen Jörg Kukies zum neuen beamteten Staatssekretär mit Verantwortung für die Themen Europa und Finanzmarkt ernannt.

Was sonst kaum eine Schlagzeile wert wäre, ist aber politischer Sprengstoff. Denn Kukies setzt sich laut Eigendarstellung nicht nur „für zahlreiche Projekte zur Verbesserung der Integration von Migranten und Flüchtlingen“ ein, er ist auch genau das, was nicht nur dem SPD-Wähler als Feindbild präsentiert wird: der 50jährige Investmentbanker ist bislang zusammen mit Wolfgang Fink Co-Chef von Goldman Sachs in Deutschland und Österreich. Ist das nicht jene Firma, die Griechenland beim Frisieren seiner Bilanzen „beraten“ hat, um in die Eurozone zu kommen, und sich dann erneut eine goldene Nase bei der Bewältigung der Eurokrise verdiente? Ist Goldman Sachs nicht die Firma, die prächtig an Schrottkrediten im US-Immobiliensektor verdiente und sich dann indirekt vom Staat retten ließ? Und ist nicht Goldman Sachs die Firma, aus deren Reihen immer wieder Führungskräfte für Wirtschaft und Politik kommen?

Namen wie Mario Draghi, früher Manager bei Goldman Sachs, heute EZB-Chef, oder Mark Carney, früher Goldman Sachs, heute Chef der Bank of England, und Steven Mnuchin, einst Goldman-Sachs-Partner, heute US-Finanzminister, fallen einem da ein. Nun also Kukies. Wieder wechselt einer der Goldmänner die Seite, und dieser dürfte zudem zukünftig auch für die Finanzmarktregulierung zuständig sein. Sprich: Ein bisheriger Spitzenmann einer US-Investmentbank soll nun als Staatssekretär das deutsche Aufsichtsgremium überwachen, das den alten Arbeitgeber kontrolliert. Wenn der Spruch „den Bock zum Gärtner machen“ irgendeine Bedeutung hat, dann wohl hier.