© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 15/18 / 06. April 2018

Kommt es zum Showdown an der Oker?
AfD Niedersachsen: Am Wochenende trifft sich der zerstrittene Landesverband zum Parteitag in Braunschweig
Christian Vollradt

Wer Geld fürs Phrasenschwein übrig hat, könnte jetzt so beginnen: Parteitage haben ihre eigenen Gesetze. Das gilt um so mehr für solche der AfD – und ganz besonders für deren Mitgliederparteitage. Am Wochenende kommt der niedersächsische Landesverband in Braunschweig zusammen, um endlich einen neuen Vorstand zu wählen. Damit soll das Interregnum des Notvorstands unter Führung des Bundesvorstandsmitglieds Stephan Protschka zu Ende gehen. Der niederbayerische Bundestagsabgeordnete hatte die Geschicke des „Sorgenkinds“ geleitet, nachdem die AfD-Bundesspitze den bisherigen Landesvorstand unter Armin-Paul Hampel abgesetzt hatte. Eigentlich hätte der Neustart im zerstrittenen Verband bereits Mitte Januar stattfinden sollen, nachdem im Oktober 2017 zwanzig Kreisverbände die Einberufung eines außerordentlichen Parteitags mit Vorstandsneuwahlen gefordert hatten. Doch Hampel hatte das – mit fadenscheiniger Begründung, so seine internen Gegner – in letzter Minute verhindert. 

Aber der frühere ARD-Reporter und außenpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion will nicht klein beigeben – und tritt erneut als Kandidat für den Landesvorsitz an. „Schönen Gruß, ihr könnt mich noch nicht abschreiben“, gab ein äußerst aufgeräumt wirkender Hampel kürzlich am Rande eines Pressetermins in Berlin Journalisten fröhlich lachend mit auf den Weg. Seine Veranstaltungen, die er in Niedersachsen gerade absolviert habe, seien stets gut besucht gewesen, betonte er. Andere sind da skeptischer. „Das ist ein letztes Aufbäumen“, meint ein Mitglied des Bundesvorstands gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Spätestens wenn am Samstag der Bericht der Kassenprüfungskommission verlesen werde, habe sich das „Kapitel Hampel“ erledigt, ist sich der Insider sicher. 

Noch sei alles offen, meint ein niedersächsisches Parteimitglied. Es kommt in erster Linie darauf an, wer am meisten Anhänger mobilisieren kann, am Wochenende in die Löwenstadt zu kommen. Niedersachsen ist ein Flächenland; wer etwa im Emsland oder an der Nordseeküste wohnt, muß eine ziemlich weite Reise in den Südosten des Bundeslandes auf sich nehmen. Hampel hat seine Anhänger eindringlich gebeten: „Gehen Sie in Ihren Kreisverband und bringen Sie mindestens zwei Mitglieder mit! Wenn Sie das machen, dann haben wir die Schlacht zumindest im Ansatz schon gewonnen“, appellierte er in einer parteiinternen Runde, aus der der JF ein Mitschnitt vorliegt.  

Auch Hampels innerparteiliche Kontrahentin, Dana Guth, Vorsitzende der neunköpfigen AfD-Landtagsfraktion in Hannover, mobilisiert ihre Leute. „Ich wage keine Prognose“, räumt sie angesichts des unsicheren Wahlausgangs gegenüber der JF freimütig ein. Daß Hampel überhaupt noch antrete, sei schon recht seltsam, angesichts der Tatsache, daß er vom Bundesvorstand abgesetzt wurde. „Da sollte man ja eigentlich mit etwas Demut die Konsequenzen ziehen“, meint Guth. In internen Runden hatte Hampel der Landtagsfraktion – vor allem ihrem Parlamentarischen Geschäftsführer Klaus Wichmann – einen „Kuschelkurs“ vorgeworfen. Dabei, so Fraktionschefin Guth, habe man lediglich zu Beginn der Legislaturperiode klargestellt, daß die Fraktion keine Fundamentalopposition betreiben wolle. 

Insider spekulieren, es könnte am Ende auf eine Stichwahl zwischen der Hampel-Gegnerin Dana Guth und dem eher überraschend antretenden Dietmar Friedhoff hinauslaufen. Der Bundestagsabgeordnete präsentierte sich bei Vorstellungsrunden an der Basis als neutraler Mittler, als jemand, der im innerparteilichen Streit nicht zu einem der beiden Lager gehöre. Er könne mit beiden Seiten reden, bekräftigte er bei einem Auftritt. Würden dagegen entweder Guth oder Hampel gewählt, werde es im Landesverband „nie Ruhe geben“. Er trete an, weil die meisten Mitglieder vom „Streit die Schnauze voll“ hätten. 

Doch in den Augen der Gegner des abgesetzten ehemaligen Landesvorsitzenden Hampel ist Kandidat Friedhoff alles andere als neutral. Sie verorten ihn im Lager Hampels. Und so taucht sein Name in einem Papier auf, das drei mögliche Szenarien des Wahlausgangs darstellt und aus dem Kreis von Hampel-Gefolgsleuten stammen soll. „Variante A“ geht von einem hundertprozentigen Sieg dieses Lagers aus. An erster Stelle als Stellvertreter Hampels steht: Dietmar Friedhoff. 

Zu bisherigen Parteitagen in Niedersachsen kamen stets etwa 400 Mitglieder. Die Organisatoren haben allerdings Räumlichkeiten gemietet, die locker auch die doppelte Teilnehmerzahl verkraften könnten. „Das wäre ja das schlimmste, wenn wir den Parteitag dann wegen Überfüllung nicht abhalten können“, meint der stellvertretende Bundesvorsitzende und Notvorstand Kay Gottschalk gegenüber der JF. Wichtig sei, daß ein neuer Vorstand gewählt werde, „der fleißig und kompetent arbeitet – und nicht nur mit dem Mundwerk viel tut“. In der Hinsicht habe Paul Hampel „leider glorreich versagt“.