© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/18 / 13. April 2018

Aufgeschnappt
Multikulti in Moll
Matthias Bäkermann

Vielleicht hätte man die Flüchtlinge an die Hand nehmen und mit ihnen hierher gehen müssen“, greint Klaus Eberle vergangenen Montag tief geknickt in der Stuttgarter Zeitung. Der Organisator vom „Willkommenscafé“ in Stuttgart-Möhringen hatte für den Sonnabend zuvor ein gemeinsames Singen in der Auferstehungskirche als internationalen Chor geplant und ausdrücklich dafür mit beflissenen Helfern in drei naheliegenden Asylunterkünften kräftig die Werbetrommel gerührt. Trotz vieler „mündlicher Zusagen der Flüchtlinge“ mußte der Chor dann enttäuschenderweise auf signifikante Internationalität verzichten und verharrte im eher schwäbischen Flair, denn keiner der geladenen Flüchtlinge ließ sich blicken. „Die Broschüre war auch nur auf deutsch verfaßt, vielleicht  war das ein Fehler“, gibt sich Eberle die Schuld. Nachdem bereits wöchentliche Treffen für das Erlernen der Sprache im Willkommenscafé gescheitert waren, weil „deren Interesse daran bröckelte“, ist nun das gemeinsame Singen die nächste Pleite. Man werde jedoch weiterhin Wege suchen, „um in Kontakt zu kommen“. Wenigstens konnten alle anwesenden Stuttgarter Sänger den speziell für die Flüchtlinge umgetexteten Kanon „Bruder Jakob“ zum besten geben und dabei zugleich ein bißchen Arabisch lernen.