© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/18 / 13. April 2018

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Teure Trennung
Paul Rosen

Wer am Rhein entlang die Bundesstraße 9 von Bad Breisig nach Norden fährt, wird kurz hinter Remagen auf ein heutzutage seltsam wirkendes Orts-eingangsschild stoßen: „Bundesstadt“ Bonn ist da zu lesen. Lange ist es her, daß die Geschicke West- und nach der Einheit 1990 auch Gesamtdeutschlands in dem beschaulichen Städtchen am Rhein bestimmt wurden, von dem Spötter zu sagen pflegten, das Schönste an Bonn sei die Autobahn nach Köln. Jüngere Menschen erinnern sich vielleicht nur noch dunkel an den Umzug von Bundestag und Bundesregierung 1999 nach Berlin.

Doch bis heute ist Bonn der Hauptsitz von sieben Bundesministerien, zum Beispiel Verteidigung oder Landwirtschaft. Von früheren und auch heute amtierenden Ministern war und ist dort jedoch kaum etwas zu sehen. Die Amtszimmer sind verwaist, denn die politische Musik spielt in Berlin. 209 neue Stellen wurden mit dem Amtsantritt der Großen Koalition geschaffen, davon rund 100 für die „heimatbezogene Innenpolitik“, das Hobby von Innenminister Horst Seehofer (CSU). Alle diese Stellen sind in Berlin angesiedelt, keine in Bonn. 

Überhaupt ist in den vergangenen Jahren ein schleichender Stellenverlust in Bonn zu beobachten. Von den Beschäftigten der Ministerien (ohne nachgeordnete Behörden) waren 1999 in Bonn 10.470 eingesetzt, in Berlin 6.756. Inzwischen hat sich das Verhältnis ohne eine Änderung des Bonn-Berlin-Gesetzes umgedreht: 13.162 Beschäftigte sind in Berlin tätig und nur noch 6.510 in Bonn. Das ist genau der Rutschbahneffekt, vor dem die Bonner immer gewarnt hatten. 

Obwohl die Zahl der Bundesbeschäftigten in Bonn sinkt, steigen die Kosten, die durch die Teilung der Regierungsaufgaben entstehen. Der jüngste, vom Bundesfinanzministerium erstellte „Teilungskostenbericht 2017“ kommt auf Kosten in Höhe von 7,9 Millionen Euro, die vor allem durch Dienstreisen und Zahlung von Trennungsgeldern wegen längerer Abwesenheit vom eigenen Schreibtisch entstehen. 2015 hatten die gesamten Teilungskosten noch bei 7,5 Millionen Euro gelegen. Der Anstieg ist nicht etwa auf gehäufte Reisetätigkeiten zurückzuführen. Im Gegenteil, der berüchtigte Wanderzirkus zwischen Bonn und Berlin, der sogar zur Einrichtung einer eigenen Regierungsflugverbindung geführt hatte, ist längst Geschichte. Die Flugverbindung ist eingestellt, weil es kaum noch Passagiere gab. Die wenigen Beamten, die jetzt noch zumeist morgens im Flughafen Köln/Bonn an den Schaltern stehen, um nach Berlin zu fliegen (und abends wieder zurück), haben höhere Spesen, weil es die günstigen Flüge von Air Berlin nicht mehr gibt. Das erklärt die Mehraufwendungen. 

Knapp acht Millionen Euro sind im übrigen keine große Aufregung wert. Bonn als Bundesstadt ist in einigen Jahrzehnten auch ohne fremdes Zutun Geschichte. Viel mehr gespart werden könnte schon ab der nächsten Wahl durch eine Verkleinerung des Bundestages, dem mit 709 Abgeordneten rekordgroßen Parlament. Diese Aufblähung kostet die Steuerzahler 300 Millionen Euro pro Jahr.