© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 16/18 / 13. April 2018

Aktuelle Bemessung der Grundsteuer ist verfassungswidrig
Es wird teurer werden
Jörg Fischer

Es kam am 10. April wie erwartet: „Die Regelungen des Bewertungsgesetzes zur Einheitsbewertung von Grundvermögen sind mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbar“, entschied das Bundesverfassungsgericht. „Das Festhalten des Gesetzgebers an dem Hauptfeststellungszeitpunkt von 1964 führt zu gravierenden und umfassenden Ungleichbehandlungen bei der Bewertung von Grundvermögen, für die es keine ausreichende Rechtfertigung gibt“, hieß es zur Begründung.

Der Gesetzgeber müsse nun bis Ende 2019 eine Neuregelung schaffen – oder die Steuer abschaffen. Letzteres ist trotz Rekordeinnahmen illusorisch: Die Gemeindesteuern lagen 2016 bei 65,3 Milliarden Euro (4,9 Milliarden mehr als im Vorjahr), doch auf die 13,7 Milliarden Euro wollen die Kommunen nicht verzichten (JF 5/18). Es ist nach der Gewerbesteuer (50,1 Milliarden Euro) deren zweitwichtigste Einnahmequelle. Bestenfalls wird es eine aufkommensneutrale Reform geben, schlimmstenfalls wird kräftiger hingelangt. Erfahrungsgemäß wird sich die Große Koalition auf ein kompliziertes Modell zum Nachteil von jenen einigen, die keine starke Lobby in Berlin haben. Für viele Mieter (sie zahlen Grundsteuer anteilig über die Nebenkostenabrechnung) und private Grundstückseigentümer wird es wohl teurer werden.

Der Industrieverband BDI will Grundstücks- und Gebäudegrößen als Berechnungsgrundlage heranziehen – was Firmen zugute käme. Der Mieterbund und Umweltverbände fordern eine Bodensteuer, bei der die Bebauung unberücksichtigt bleibt – die Zeche müßten dann Ein-und Zweifamilienhausbesitzer zahlen. Beim Bodenrichtwertmodell würden unter andem auch Lage und Erschließungsgrad berücksichtigt – was gute Lagen teurer macht. Ähnliches gilt für das Verkehrswert-Modell: Berlin und München würden unbezahlbar.

Grundsteuerurteil (1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12):  www.bundesverfassungsgericht.de