© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/18 / 20. April 2018

Ländersache: Hamburg
M. – eine Stadt und ein Mörder
Christian Schreiber

Nach der tödlichen Messerattacke auf ein einjähriges Mädchen und dessen Mutter in der vergangenen Woche in Hamburg hat die Debatte um die Innere Sicherheit nicht nur in der Hansestadt an neuerlicher Dynamik gewonnen. Der aus dem Niger stammende Täter Mourtala M. gehörte einer Gruppe von ehemaligen Lampedusa-Flüchtlingen an, die 2013 nach Hamburg gekommen war und für ein dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland protestiert hatte (47/13). M. und seine ehemalige Partnerin sollen nach Medienberichten lediglich drei Monate lang liiert gewesen sein. 

Hintergrund der Tat war offenbar ein Sorgerechtsstreit um die gemeinsame Tochter. Bei einem Gerichtstermin wurde der Antrag des Afrikaners abgelehnt, damit sei auch eine Verlängerung seines im kommenden Jahr auslaufenden Duldungsstatus in Frage gestellt gewesen, teilte eine Behördensprecherin mit. Die sogenannte Lampedusa-Gruppe beeilte sich zu versichern, daß sie seit mehr als zwei Jahren keinerlei Kontakt mehr zu Mourtala M. gehabt habe. „Er ist seit langem zu keinen Aktivitäten mehr gekommen und war nicht mehr Teil unserer Gruppe. Wir hatten keinerlei Informationen über sein Privatleben“, heiße es in einer Erklärung. Der Nigrer sei bei der Formierung der Protestaktion im Jahr 2013 dabeigewesen, habe sich jedoch nach dem Erhalt einer Duldung von der Gruppe abgewendet. 

Die sogenannte Lampedusa-Gruppe besteht aus im Jahr 2013 nach Deutschland eingewanderten Afrikanern, die bereits zuvor in Italien das Asylverfahren durchlaufen hatten. Sie durchquerten innerhalb der EU mehrere Staaten, in denen sie laut Dublin-Abkommen kein Recht mehr auf dauerhafte Bleibe erwerben konnten. Schließlich landeten sie in Hamburg. Dort erhielten sie mit Hilfe eines Pfarrers Kirchenasyl. 

Der verantwortliche Pastor Sieghard Wilm befürchtet nun, daß sich die Tat auf den Ruf aller Lampedusa-Flüchtlinge auswirken könnte. Denn nur kurz vor der Tat war die Zahl der Messerattacken ein Thema in der Hamburger Bürgerschaft. Dabei wurde ein Antrag der AfD-Fraktion, die Zahl derartiger Übergriffe nach Tatbegehungsform und Ethnie der Täter auszuwerten, von allen anderen Parteien abgelehnt. Dies wurde unter anderem mit dem Hinweis auf die zurückgehende Zahl solcher Übergriffe sowie auf vermeintliche Ressentiments der AfD abgelehnt: „Nur einen Tag nachdem der AfD-Antrag, die Zahl der Messerattacken nach Tatbegehungsform und Ethnie der Täter auszuwerten, von der Mehrheit der Hamburger Bürgerschaft abgelehnt worden ist, wird es wieder traurige Gewißheit: Hamburg ist unsicherer denn je“, empörte sich der innenpolitische Sprecher Dirk Nockemann. 

Die Fraktion hatte zuvor den Verdacht geäußert, „daß die Hemmschwelle zur Verwendung eines Messers bei ausländischen Tätern besonders niedrig ist“, schreiben sie im Antrag. Während der Bürgerschaftsdebatte reagierten die Vertreter der übrigen Parteien in gewohnter Manier. Vom Vorwurf des „blanken Rassismus“ bis hin zu dem der Panik-mache lauteten die Entgegnungen auf den AfD-Antrag. Nur einen Tag später waren diese Argumente dann widerlegt. Und mittlerweile wird sogar über ein Messer-Verbot in der Stadt diskutiert.

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