© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 17/18 / 20. April 2018

Zwei Meinungen, eine Liebe
Links-Rechts-Dichotomie: Die Eheleute Helmut Lethen und Caroline Sommerfeld sorgen für mediales Aufsehen
Richard Stoltz

Wo die Liebe hinfällt, dort soll man sie auch liegen lassen – das galt lange Zeit als eine erstrangige Errungenschaft der aufgeklärten Moderne. Romangestalten wie Fontanes Effie Briest oder Tolstois Anna Karenina standen dafür ein. Mit Kopfschütteln oder Empörung schaute man auf jene Epochen oder Weltgegenden, wo Heiraten nichts mit Liebe, sondern mit Politik und Religion zu tun hatten bzw. haben, wo Clanfürsten oder auch einflußreiche Tanten darüber entscheiden, wer sich mit wem dauerhaft zusammentun darf.

Jetzt ändert sich das, zumindest in linken Kreisen. Beleg dafür ist der „Fall“ Lethen/Sommerfeld. Der altlinke Germanist und Historiker Helmut Lethen (79) ist mit der promovierten Philosophin Caroline Sommerfeld (43) verheiratet, die sich wahlweise zu einer „Rechtspopulistin“, „Rechtsintellektuellen“, „Ikone der Neuen Rechten“ oder „Identitären“ gewandelt hat. Sie bloggt auf der Netzseite der Sezession und ist Mitautorin des Buches „Mit Linken leben“, erschienen im rechten Antaios-Verlag. „Wie können“, fragte etwa die Frankfurter Allgemeine, „ein Achtundsechziger und eine Anhängerin der Neuen Rechten überhaupt zusammenleben?“

Andere fragen sich, warum Lethen nicht endlich dafür sorge, daß seine Frau aufhört, „rechte Hetze“ zu schreiben. Warum ist er statt dessen seinerseits  – wie sein neues Buch „Staatsräte“ über die NS-Kulturelite offenbare – zahllosen „rechten Klischees“ aufgesessen? Hat er sich etwa in seiner Ehe allen linken Schneid abkaufen lassen?

Wohlgemerkt, niemand von den Lethen-Kritikern hätte etwas dagegen, wenn er zum Beispiel mit einer schwarzafrikanischen Schafhirtin ohne jeden Schulabschluß verheiratet wäre, im Gegenteil, er würde wohl sogar dafür gelobt. Aber Neue Rechte darf man hierzulande auf keinen Fall heiraten bzw. mit ihnen verheiratet bleiben, auch wenn die Liebe noch so groß ist! Fontane und Tolstoi verhüllen ihr Haupt.