© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/18 / 04. Mai 2018

Den Gewinn streichen die Deutschen ein
Griechenland: Lob aus Brüssel und vom IWF in Washington – doch Sparkurs und Privatisierung werfen auch Fragen auf
Dimitrios Papageorgiou

Die Zeitungsartikel über die griechische Wirtschaftskrise nähmen vermutlich einige Bände ein. Seit acht Jahren ist das Land mit großen Problemen konfrontiert und in eine beispiellose Lage der Finanzkontrolle geraten. Damit soll nach Ansicht Athens am 20. August 2018 Schluß sein. Die Devise heißt: Raus aus der Rolle des Empfängers fremder Finanzhilfen! Lob gab es schon mal von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der Athen am vergangen Donnerstag einen Besuch abstattete. Dabei zollte der Luxemburger der Regierung Alexis Tsipras seinen Respekt für die „beeindruckende“ Rückkehr Griechenlands auf einen Wachstumskurs. Zugleich mahnte er alle beteiligten Seiten, ihren Zusagen bezüglich eines Schuldenschnittes für Griechenland gerecht zu werden. Auch müßte die Bewertung der Spar- und Reformfortschritte zügig über die Bühne gebracht werden. Nur wenige Tage zuvor hatte auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, die „drastischen“ Spar- und Reformbemühungen Athens gerühmt. Man werde daher keine weiteren Sparmaßnahmen fordern.

Auch wenn der Internationale Währungsfonds, die Europäische Zentralbank und die EU durch den Einsatz der Darlehensmechanismen, mit denen sie die Gesetzgebung beaufsichtigen, eine starke Kontrolle über die Ökonomie hatten, will die Wirtschaft, gerade auch in Anbetracht der vielen Sparrunden und Steuerhöhungen für Wirftschaftsunternehmen, nicht anspringen. Der Rückgang der Renten trägt seinen Teil dazu bei.

Arbeitslosenquote weiterhin beunruhigend 

 Die Schuldenquote stieg von knapp 146 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) Ende 2010 auf fast 180 Prozent im laufenden Jahr, während das Pro-Kopf-BIP von 94 Prozent des EU-Durchschnitts im Jahr 2009 auf 68 Prozent im Jahr 2016 sank. Auch die geringfügigen Anzeichen für ein Wachstum verblassen vor der hohen Arbeitslosigkeit. Sie liegt mit 20,6 Prozent bei der Gesamtbevölkerung und mit 26,3 Prozent in der Altersgruppe der 25- bis 34jährigen weiterhin an der Spitze der EU.

Wirtschaftliche Reformen standen in den vergangenen Monaten im Vordergrund. Die Wahrheit ist, daß sie von der griechischen Regierung nur widerwillig akzeptiert werden und wenn, dann nur sehr langsam umgesetzt werden. Eines der Hauptprobleme ist dabei die Privatisierung vieler Bereiche der griechischen Wirtschaft. Doch die Preise für Privatisierungen befinden sich auf einem   Allzeittief. Der Markt ist abgestürzt, und die Zahlen, die bei den Privatisierungen diskutiert werden, sind albern. Ein typisches Beispiel hierfür ist der Erwerb aller griechischen Zivilflughäfen, die vor allem die griechischen Urlaubsinseln  bedienen, durch den deutschen Flughafenbetreiber Fraport. Die Frankfurter zahlten im Frühjahr 2017 1,2 Milliarden Euro an den Privatisierungsfonds Griechenlands und verpflichteten sich, 400 Millionen Euro zu investieren. Hinzu kommen Milliardenzahlungen von der Europäischen Union  –  und vom griechischen Staat. Ein Jahr später titelt nun das Handelsblatt: „Schnelle Gewinne für Fraport in Griechenland“.

Noch schlimmer ist der Fall der griechischen Eisenbahn, die von einer italienischen Firma für 45 Millionen Euro gekauft wurde, als allein der Wert der Züge irgendwo in der Größenordnung von 150 Millionen lag.