© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 19/18 / 04. Mai 2018

Knapp daneben
Sie arbeitet halt gern
Karl Heinzen

Ihr kriegt den Arsch nicht hoch“, heißt das neue Buch einer Evi Hartmann, das der eigentlich als halbwegs seriös geltende Campus-Verlag soeben auf den Markt gebracht hat. Die Autorin begibt sich auf das Sprachniveau von Asozialen nicht etwa, um Hartz-IV-Empfängern in sozialdarwinistischer Jens-Spahn-Manier noch einmal darzulegen, daß sie an ihrem Scheitern selbst schuld sind. Nein, voller Zorn nimmt sie die „Pseudo-Elite“ aufs Korn, die zwar gutbezahlte Jobs ergattert hat, es aber an Leistungsbereitschaft mangeln läßt.

Insbesondere den Nachwuchskräften, um die sich zu reißen die Unternehmen gezwungen sind, kann Evi Hartmann nichts als Verachtung entgegenbringen. Schon im Einstellungsgespräch fragen sie nach dem Überstundenausgleich. Arbeit ist für sie nur ein notwendiges Übel, um sich Freizeitvergnügen leisten zu können. Kein Wunder, daß wir gegenüber den rund um die Uhr schuftenden Chinesen immer mehr ins Hintertreffen geraten.

Warum läßt sie die Jugend ihrer Kinder an sich vorbeirauschen, ohne daran Anteil nehmen zu können?

Auch wenn sie als Lehrstuhlinhaberin für Supply Chain Management an der beschaulichen Universität Nürnberg-Erlangen der rauhen Wirklichkeit der Marktwirtschaft enthoben ist, müßte sie doch eine vage Vorstellung vom Leistungsdruck haben, der auf Managern aller Hierarchieebenen lastet. Woher rührt daher ihre haßerfüllte Wirklichkeitsverweigerung? Im Handelsblatt-Interview hat sie es unfreiwillig offenbart. Von morgens acht bis abends acht ist sie durch ihren Beruf eingespannt. Ihre vier Kinder erlebt sie wochentags allenfalls, wenn sie gemeinsam zu Abend essen. Danach geht es für sie noch einmal an den Schreibtisch. Ohne ein Kindermädchen und eine Haushaltshilfe wäre das alles nicht zu schaffen.

Warum bloß opfert Evi Hartmann so viel kostbare Zeit für eine lausige und wahrscheinlich noch nicht einmal herausragend bezahlte Professur? Warum läßt sie die Jugend ihrer Kinder an sich vorbeirauschen, ohne daran Anteil nehmen zu können? Sie arbeitet halt gern, lautet ihre so simple wie pathologische Antwort. Leistungssucht sollte man aber nicht als Kennzeichen wahrer Elite ausgeben. Man muß sie behandeln lassen, bevor es zu spät ist.