© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 20/18 / 11. Mai 2018

Eine mißratene Telefonkonferenz wirft Fragen zu Tesla auf
Endspiel in Palo Alto
Thomas Kirchner

Legendär wurden die Ausfälle Jeff Skillings im April 2001, als der Hedgefondsmanager Richard Grubman den Enron-Chef bei einer Telefonkonferenz fragte, warum die Bilanzen noch nicht fertig seien. Eigentlich eine harmlose Frage, doch Skilling attackierte Grubman mit Fäkalsprache. Acht Monate später war die Firma wegen Bilanzmanipulationen pleite. 2006 begann Skillings lange Haftstrafe in Waseca (Minnesota).

Erinnerungen an diesen Fall weckte die jüngste Tesla-Präsentation. Da fragte Toni Sacconaghi von Sanford C. Bernstein nach dem Kapital, das der E-Auto-Hersteller benötige. Doch Elon Musk schnitt Sacconaghi ab, die Frage sei „nicht cool“. Anstatt eine Antwort zu geben, nahm Musk die nächste Frage entgegen. Die kam von Joseph Spak von der Royal Bank of Canada. Der Analyst fragte den Tesla-Chef nach dem Prozentsatz der Bestellungen des neuen Modells 3, die Tesla bereits konfiguriere. Musk regierte wieder pikiert: er werde stattdessen eine Frage beantworten, die ein Blogger auf Youtube gestellt hatte. „Diese Fragen sind so trocken, sie bringen mich um.“

Damit nicht genug: Musk setzte auf dem Kurznachrichtendienst Twitter noch eins drauf und behauptete, die beiden Analysten würden Leerverkäufer repräsentieren, die auf fallende Kurse Teslas setzten. Was nachweislich nicht stimmt, denn beide Analysten empfehlen die Aktie als das Äquivalent von „halten“. Die Analysten seien „Holzköpfe“. Anleger waren davon wenig beeindruckt, und die Erinnerungen an den ganz ähnlichen Vorfall bei Enron vor 17 Jahren ließen die Aktie abstürzen. Er werde Flammenwerfer gegen die Leerverkäufer auffahren.

Interessanterweise ist es kaum noch möglich, gegen Tesla-Aktien mit Leerverkäufen zu wetten. Es gibt kaum noch Aktien, die man zum Zweck eines Leerverkaufs leihen könnte. Dieser Effekt trägt nicht unwesentlich zum immer noch hohen Tesla-Kursniveau bei. Leerverkäufer tun sich schwer mit Tesla, das eigentlich ein ideales Ziel wäre. Erst 48 Stunden nach dem Vorfall gelangte Musk zur Einsicht und verkündete via Twitter: „Ich hätte ihre Fragen beantworten sollen.“ Doch es war schon zu spät: 2,8 Milliarden Dollar Marktwert waren weg, davon über 600 Millionen an Musks persönlichem Vermögen.

Vielleicht kehrt langsam etwas Rationalität in den Kult um die Firma aus Palo Alto im Silicon Valley ein. Vieles deutet darauf hin, daß Tesla ernsthafte Probleme hat. Nicht nur stecken die Produktionszahlen weit hinter den Planungen, auch geht der kalifonischen Firma langsam das Geld aus. Bedenklich ist zudem, daß viele Führungskräfte das Handtuch geworfen haben und Tesla verlassen haben. Dabei gaben sie Aktienoptionen, oft im Millionenwert, auf. Zwar kommt es immer wieder vor, daß jemand wegen eines persönlichen Schicksalsschlags einen solchen Schritt unternimmt, doch in der Häufung bei Tesla deutet es darauf hin: die Ratten verlassen das sinkende Schiff.