© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/18 / 18. Mai 2018

Umwelt
Lukrativer Zyklus
Jörg Fischer

Wer in diesem Jahr ein neues Auto kaufen muß, sollte das im Zweifel bis August erledigen. Denn danach gilt nicht mehr der Neue Europäische Fahrzyklus (NEFZ) von 1996, sondern das neu entwickelte Meßverfahren WLTP (Worldwide harmonized Light Duty Test Procedure/JF 19/18) zur Ermittlung der Abgas-Emissionen sowie des Kraftstoffverbrauchs. Damit sollen die Autobesitzer realitätsnähere Angaben bekommen. Der wahre Spritverbrauch lag im Schnitt um 40 Prozent über den NEFZ-Herstellerangaben. Das wußte jeder Käufer nach den ersten Tankstellenbesuchen mit seinem Neuwagen. Besonders bei hubraumschwachen Drei- und Vierzylindermotoren in schweren, vollausgestatteten Autos ist die Abweichung von der Verbrauchsrealität enorm.

Die neue Verbrauchsberechnung ist für den Finanzminister ein Milliardengeschäft.

Der neue Test dauert 30 statt 20 Minuten, es wird sogar bis 130 beschleunigt, die Durchschnittsgeschwindigkeit im Test liegt höher. „Durch diese Faktoren werden die im WLTP ermittelten Kraftstoffverbräuche deutlich spürbar über den bisherigen NEFZ-Werten liegen“, erläutert der Autoindustrieverband VDA. Der nominale Verbrauchswert steige dabei im Durchschnitt um etwa ein Fünftel: „Das beeinflußt aber den Kraftstoffverbrauch in Kundenhand überhaupt nicht“, so der VDA. Das ist wohl war, denn an der Autotechnik ändert sich nichts – entscheidend bleibt, wie tief das Gaspedal durchgedrückt wird. Anders sieht das mit den offiziellen Abgaswerten aus. Vor allem die beworbenen Downsizing-Benziner stoßen im WLTP-Zyklus mehr CO2 aus – und das freut den Finanzminister. Denn für die Kfz-Steuer ist – neben Hubraum, Kraftstoffart und Schadstoffklasse – der CO2-Ausstoß maßgeblich. Und ab September ist die WLTP für die Berechnung der Kfz-Steuer von Neuwagen mitentscheidend. Schätzungsweise 1,1 Milliarden Euro mehr könnten so bis 2022 in den Bundesetat fließen.