© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 21/18 / 18. Mai 2018

Knapp daneben
Mal eben schnell die Welt retten
Karl Heinzen

Deutsche Soldaten sind schon in allen möglichen Ländern im Einsatz gewesen, um irgend etwas für den Frieden zu tun. Die Welt macht bislang aber nicht den Eindruck, daß sie dadurch gerettet worden wäre. Im Irak soll die Bundeswehr nun eine neue Chance bekommen. Dies ist eine spannende Herausforderung. Die Einwohner dieses Landes scheinen die Chance, in einem demokratischen Rechtsstaat zusammenleben zu dürfen, partout nicht nutzen zu wollen. Gleiche Rechte für Frauen und sexuelle Minderheiten liegen ihnen ebensowenig am Herzen. Dem schnellen materiellen Glück räumen sie den Vorrang vor dem Aufbau einer nachhaltigen ökologischen Marktwirtschaft ein. Nicht einmal Klimaziele haben sie vor Augen. Kein Wunder, daß stets einheimische Despoten oder auswärtige Besatzer notwendig waren, um überhaupt ein bißchen Ordnung unter dieser ignoranten und streitsüchtigen Population aufrechtzuerhalten.

Ein größerer Beitrag zur Entmilitarisierung dieser Krisenregion ist kaum vorstellbar.

Die Bundeswehr muß aber nicht nur auf eigenen Sachverstand bauen, um der neuen Aufgabe gerecht zu werden. Sie kann das Wissen der gesamten Zivilgesellschaft nutzen. Besondere Expertise stellt das „Bonn International Center for Conversion“ bereit, ein umtriebiger Think Tank, der sich der Forschung für eine friedvollere Welt verpflichtet sieht. In seinem Auftrag hielten sich die Wissenschaftlerinnen Carina Schlüsing und Katja Mielke jüngst im Nordirak auf, wo deutsche Soldaten bereits seit einigen Jahren kurdische Jugendliche pädagogisch betreuen. Aus ihren Erkenntnissen leiten sie „Politikempfehlungen“ ab, die nun bloß noch implementiert werden müssen. Vor allem, so meinen die Forscherinnen, solle die Bundesregierung die militärische Befähigung irakischer Sicherheitskräfte einstellen, „weil sie die dringend notwendigen Versöhnungs- und Ausgleichskräfte in der Gesellschaft potentiell torpediert“. Dies muß nicht heißen, daß man auf den Einsatz der Bundeswehr ganz verzichtet. Sie könnte den Irakern zum Beispiel ihre Erfahrungen in der Beschaffung und Wartung von Waffensystemen weitergeben. Ein größerer Beitrag zur Entmilitarisierung dieser Krisenregion ist kaum vorstellbar.