© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 22/18 / 25. Mai 2018

Ländersache: Berlin
Hilferufe aus dem Lehrerzimmer
Ronald Berthold

Offenbar ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch Fensterkreuze in Klassenzimmern den muslimischen Glauben Berliner Kinder beleidigen. Die Lehrer der Neuköllner Sonnen-Schule berichten in einem Brandbrief an Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD), daß ihre Schüler gebastelte Puppen zerstörten, weil deren Gestell aus einem Holzkreuz bestanden habe. Und auch Koordinatenkreuze im Mathematikunterricht lehnten sie ab. Es sind Sechs- bis Zwölfjährige, die die Schule in der Nähe der salafistischen Al-Nur-Moschee besuchen.

90 Prozent der Kinder dort haben einen Migrationshintergrund. Schon bei Drittkläßlerinnen bestünden Eltern darauf, daß die Mädchen beim Schwimm-unterricht einen Burkini tragen, klagt Rektorin Karoline Pocko-Moukoury. Den Brief, aus dem der Tagesspiegel zitiert, haben 33 Lehrer und Sozialarbeiter unterschrieben. Der Unterricht mit den Problem-Kindern macht offenbar krank. Von weniger als 30 Lehrern sind derzeit acht arbeitsunfähig – fast ein Drittel.

Die Pädagogen bemängeln in ihrem Schreiben, daß die im Zusammenhang mit der Inklusion versprochenen zusätzlichen personellen und materiellen Hilfen „im konkreten Schulalltag so gut wie nicht ankommen“. Und wenn doch, müßten sie zum Ausgleich des hohen Krankenstandes verwendet werden. Alarmierend: Besonders junge Lehrer fallen aus. Dies lasse vermuten, so schreiben die Kollegen, „daß auch an ihnen die extreme Arbeitsbelastung nicht spurlos vorbeigeht“. Speziell kritisieren die Unterzeichner die von der Politik geforderte „unbegrenzte und alternativlose Inklusion“. Die könne nicht gelingen, weil die Bedingungen das nicht zuließen. Der normale Schulbetrieb laufe nur noch „nebenher“. Denn die Lehrer müßten sich vorwiegend um „extrem von Gewalt, Mißbrauch, Vernachlässigung, Lernstörung, Schulversagen bedrohte Kinder“ kümmern, um ihnen „beizustehen“. Die dafür nötigen Formalitäten hätten „nichts mit unserem Lehrauftrag zu tun“.

Die Sonnen-Grundschule, über der die Sonne untergegangen ist, ist kein Einzelfall. An immer mehr Berliner Bildungseinrichtungen, die fast zur Hälfte mehrheitlich Migrantenkinder unterrichten, herrschen ähnliche Verhältnisse. Berichte über schockierende Details reißen nicht ab. Der rot-rot-grüne Senat versucht, die katastrophalen Zustände so gut es geht zu verheimlichen. Ein Jahr lang kämpfte der FDP-Innenexperte Marcel Luthe darum, daß die Landesregierung seine Fragen zu der Problematik beantwortet. Dafür mußte er sogar den Verfassungsgerichtshof einschalten.

Der Senat verweigerte Luthe eine Übersicht über die Gewaltvorfälle pro Schule. Letztlich zwang ihn die Müller-Regierung, für jede einzelne der 776 Berliner Lehranstalten eine gesonderte Anfrage zu stellen – offenbar in der Hoffnung, der Politiker würde diese Sisyphos-Arbeit scheuen. Tat er aber nicht. Doch auch die mehr als 200 Seiten dicke Statistik, die ihm der Senat daraufhin überreichte, bleibt schwer verständlich, weil die Schulnamen fehlen und nur die Anschriften angegeben sind. Wer die Zahlen addiert, kommt 2017 auf 9.820 Gewalttaten – 13 pro Schule. Gezählt werden allerdings nur Fälle, in denen die Polizei einschreiten mußte. Das Zerstören von Puppen mit Kreuzgestell oder religiöses Mobbing sind nicht erfaßt.