© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/18 / 01. Juni 2018

Grüße aus Kapstadt
Portiers Rat befolgen
Elke Lau

Das Hotel in Kapstadt ist laut und die Nacht kurz. Wir sind früh auf den Beinen, wie auch ein deutsch-amerikanisches Ehepaar. Als der Mann, der vor fünfzig Jahren ausgewandert ist, unseren Berliner Dialekt hört, überfällt ihn das Heimweh. „Sagt man immer noch ‘Atze’ und ‘Keule’?“ fragt er wehmütig.

Wir laufen vertraute Wege, Hafen, Uhrenturm, der Tafelberg trägt sein obligatorisches Tischtuch. Um kleine Ausgaben nicht mit Kreditkarte bezahlen zu müssen und da Wechselstuben hohe Gebühren fordern, suchen wir auf Anraten der Touristeninformation ein Geldinstitut auf. Bereits der Vorraum der Bank ist überfüllt. Zuerst also Nummer ziehen, hinsetzen, warten. Nach einer knappen Stunde frage ich die „Einweiserin“, ob sie mir versprechen kann, Weihnachten zu Hause zu sein. Leider hat die Dame keinen Humor.

„Sie dürfen auf keinen Fall zu Fuß gehen. In einer halben Stunde ist es dunkel.“

Endlich werden wir aufgerufen. Sechs DIN-A4-Seiten sind auszufüllen, zeitraubend zu korrigieren, Paßkopien werden gefertigt, unsere Daten telefonisch abgeglichen und der Fuffi genauestens unter die Lupe genommen. Aber die Sachbearbeiterin ist ungewöhnlich charmant und geduldig, so daß unser Ärger in Belustigung umschlägt.  

 Inzwischen ist es Nachmittag geworden. Wir fragen den Rezeptionisten nach dem kürzesten Weg zur V&A Waterfront, die nur etwa einen Kilometer von unserem Hotel entfernt beginnt.

„Sie dürfen auf keinen Fall zu Fuß gehen. In einer halben Stunde ist es dunkel. Ich rufe ein Taxi unseres Vertrauens und gebe Ihnen auch gleich die Nummer für die Rückfahrt mit.“ „Nö, Taxi fahren wollen wir nicht“. Lapidare Antwort: „Wenn Sie meinen.“ 

Nach etwa hundert Metern führt die Promenade an einer ungepflegten, winzigen Parkanlage vorbei, die von halbhohen Büschen umgeben ist. Plötzlich ertönt ein Pfiff hinter uns. Ein zerlumpter Halbwüchsiger, den wir vorher weder gehört noch gesehen haben, steht zwei Meter hinter uns und winkt den Sträuchern zu. Im gleichen Augenblick bohren sich weitere Köpfe durch das Blattwerk, aber noch ehe die anderen Jugendlichen den Durchbruch schaffen, machen wir – ohne Schrecksekunde – kehrt. Vorbei an dem verdutzten Anführer, der vergeblich versucht, seine Kumpane zur Eile anzutreiben. 

Als wir atemlos zurückkehren,   ist unsere Berliner Schlagfertigkeit wie weggeblasen. Kleinlaut melden wir uns zurück.