© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 23/18 / 01. Juni 2018

Milliarden-Übernahme bleibt ein Kraftakt
Hauptversammlung der Bayer AG: Konzern-Chef Baumann verteidigt Monsanto-Deal gegen Kritik / Fusion mit dem US-Agrarkonzern wird teurer als erwartet
Christian Schreiber

Große Konzerne benötigen manchmal große Worte. Von einem Meilenstein, ja von einem Schritt in Richtung einer besseren Welt sprachen Manager des Pharma- und Chemiekonzerns Bayer, als sie am vergangenen Freitag auf der Hauptversammlung in Bonn Rechenschaft ablegten. Damit war nicht die zarte Erhöhung der Dividende um zehn Cent pro Aktie auf 2,80 Euro gemeint, sondern die bevorstehende Übernahme des US-Saatgut- und Pestizidherstellers Monsanto, die Bayer seit 2016 betreibt. Mit einem Volumen von rund 62,5 Milliarden Dollar handelt es sich hierbei um die bislang größte Übernahme eines ausländischen Unternehmens durch einen deutschen Konzern.

Der Deal hatte in Deutschland für heftige Debatten gesorgt. Monsanto steht seit Jahren wegen seiner gentechnisch veränderten Produkte und zweifelhaften Geschäftsgebarens in der Kritik. Die Umweltschützer von Greenpeace nennen die Firmengeschichte „eine Skandalchronik, atemberaubend und lang“. So protestierten auch am Freitag rund 200 Menschen vor der Hauptversammlung gegen die ihrer Ansicht nach zu große Marktmacht, schließlich soll durch die Übernahme des US-Konzerns der weltweit größte Anbieter von Pestiziden und Saatgut entstehen. Vor allem bäuerliche Familienbetriebe sehen sich aufgrund der Patentrechte in ihrer Existenz bedroht.

Welche Dimension das Geschäft hat, verdeutlichen auch die Unternehmenszahlen für das vergangene Jahr: 2017 erlöste Bayer mit rund 100.000 Beschäftigten gut 35 Milliarden Euro, das Konzernergebnis stieg um fast 62 Prozent auf 7,34 Milliarden Euro nach Steuern und Abschreibungen. Doch diese Steigerung ist allein einem Nettogewinn von 4,85 Milliarden Euro aus nicht fortgeführten Geschäften zu verdanken. Der Ertrag kommt fast vollständig aus dem Verkauf und der Neubewertung von Anteilen der ehemaligen Kunststofftochter Covestro.

Experten halten den  Kaufpreis für überhöht

Und weil der Vorstand seine ganze Kraft in die Übernahme von Monsanto legt, brechen im Kerngeschäft immer neue Baustellen auf. In Brasilien häufte Bayer riesige Lagerbestände an Pflanzenschutzmitteln an. Wegen Mißständen im Pharmawerk Leverkusen fing man sich eine Rüge der US-Gesundheitsbehörde ein. So oder so: Der Deal mit Monsanto wird für Bayer ein Kraftakt.

Ursprünglich sollte die Fusion 1,3 Milliarden Euro an Synergien bringen, vor allem durch geringere gemeinsame Kosten. Jetzt geht Bayer von rund einer Milliarde Euro aus. Monsanto, das weltweit rund 21.000 Beschäftigte zählt und zu den 500 größten börsennotierten Unternehmen der USA gehört, setzte zuletzt 15 Milliarden US-Dollar um und fuhr einen Gewinn von 2,3 Milliarden US-Dollar ein. Experten halten deshalb den Kaufpreis für überhöht, der Kurs der Bayer-Aktie ging im vergangenen Jahr um zehn Prozent nach unten.

Konzern-Chef Werner Baumann hingegen wischte die Bedenken auf der Hauptversammlung beiseite. Die Agrarindustrie stehe angesichts der schnell wachsenden Weltbevölkerung und der globalen Erwärmung vor gigantischen Herausforderungen, sagte er. Mit einer effektiveren Nutzung der Agrarflächen könne man am Ende eine bessere Ernährung der Weltbevölkerung sicherstellen.

Noch allerdings fehlt die Genehmigung einiger Wettbewerbsbehörden, unter anderem aus den USA. Mit Problemen wird jedoch nicht mehr gerechnet. „Wir gehen davon aus, die Übernahme von Monsanto bis zum 14. Juni abschließen zu können“, so Baumann. Angesichts der massiven Kritik wirkten die Imagefilme über geheilte Krebspatienten und glückliche Bauern, die Bayer den knapp 2.000 Aktionären zeigte, jedoch recht hilflos. Der Applaus blieb folglich aus.


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