© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/18 / 15. Juni 2018

König Fußball regiert unangefochten
Umfrage: Eine Mehrheit der Deutschen glaubt trotz Migrationskrise an ein schwarzrotgoldenes Sommermärchen / Deutliche Kritik an Özil und Gündogan
Christian Vollradt

Nun rollt der Ball in Rußland, die Fußball-Weltmeisterschaft beginnt. Die deutschen Kicker haben ihr Quartier in Watutinki bezogen. Doch unmittelbar vor dem Turnierstart herrscht keineswegs eitel Sonnenschein: Pfiffe beim Testspiel der deutschen Nationalelf gegen Österreich und gegen Saudi-Arabien, gereizte Reaktionen bei den DFB-Oberen nach der unüberhörbaren Kritik der Fans an Mesut Özil und Ilkay Gündogan wegen ihres Propaganda-Fotos mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Dazu die Meldungen über das zurückgehende Interesse am „Public Viewing“ – nicht nur, aber auch wegen der verschärften Sicherheitsauflagen. Herrscht im Land des Weltmeisters Katerstimmung statt Vorfreude auf ein neues Sommermärchen in Schwarzrotgold? 

Mehrheit: Lieber ohne Özil und Gündogan 

Um der Sache auf den Grund zu gehen, hat die JUNGE FREIHEIT vergangene Woche das Meinungsforschungsinstitut Insa beauftragt, sich pünktlich zum Start der WM in Rußland einmal bei den Deutschen nach der Stimmungslage zu erkundigen. Seit 2015 präsentiert sich die deutsche Nationalmannschaft der Herren offiziell unter der Bezeichnung „Die Mannschaft“. Analog zur brasilianischen „Selecao“ oder der „Squadra Azzura“ Italiens. „Ich bin sicher, daß sich auch die Fans damit identifizieren“, hatte Teammanager Oliver Bierhoff damals prognostiziert. Trifft das vor der ersten WM mit diesem Markennamen zu? Über ein Drittel der Befragten (37 Prozent) findet es gut, daß sich die deutsche Nationalmannschaft „Die Mannschaft“ nennt. Ein Fünftel (21 Prozent) stimmt dem jedoch nicht zu, und weitere 30 Prozent wissen hier keine Antwort. Während hier die weiblichen Befragten dominieren, (34 Prozent gegenüber 25 Prozent der Männer), ist der Anteil derer, die der These nicht zustimmen, bei den Männern größer als bei den Frauen (25 Prozent gegenüber 17 Prozent).

Unterschiedlich fällt das Ergebnis je nach politischen Präferenzen aus. Bei den Wählern liegen die Zustimmungswerte zwischen 42 Prozent (FDP) und 49 Prozent (CDU/CSU). Am geringsten ist die Zustimmung zu der These unter befragten Wählern der AfD (32 Prozent) und der Linkspartei (30 Prozent). Und unter den AfD-Wählern stimmen mehr Befragte der Aussage nicht zu, „Die Mannschaft“ sei ein passender Name, (38 Prozent), als daß sie ihr zustimmen (32 Prozent).

Vor der WM haben die deutschen Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan posiert und damit viel Kritik ausgelöst. Insgesamt meinen 46 Prozent der Befragten, daß Özil und Gündogan deswegen nicht für den WM-Kader des DFB hätten nominiert werden sollen. 27 Prozent stimmen dem nicht zu. Je älter die Befragten sind, desto eher stimmen sie der These zu. Während 18- bis 24jährige dem nur zu 29 Prozent zustimmen, steigt der Anteil kontinuierlich auf 54 Prozent bei den über 65jährigen. Und je stärker sich die Befragten für Politik interessieren, desto eher stimmen sie zu, daß Özil und Gündogan nicht hätten nominiert werden dürfen. Befragte, die sich überhaupt nicht für Politik interessieren, geben nur zu 25 Prozent an, der These zuzustimmen, während dieser Anteil kontinuierlich bis auf 62 Prozent bei den politisch sehr stark Interessierten ansteigt. 

Der jeweils größere Anteil aller Wählergruppen stimmt zu, daß keine Nominierung von Özil und Gündogan hätte stattfinden sollen. Einzige Ausnahme sind die Wähler der Grünen, die jeweils zu 41 Prozent der These zu- und nicht zustimmen, also geteilter Meinung sind. Die größte Zustimmung findet sich bei den Wählern der AfD: Zwei Drittel der Befragten stimmen der These zu (66 Prozent). Auch jeweils über die Hälfte der Wähler der FDP (60 Prozent) und der Linken (52 Prozent) stimmen der Aussage zu.

In jüngster Zeit war häufig die Rede davon, die deutsche Gesellschaft sei insbesondere in Folge der Flüchtlingskrise gespalten. Hat das Auswirkungen auf  die Stimmung während der WM? Insgesamt sind 39 Prozent der Befragten der Meinung, daß die Flüchtlingskrise und ihre Folgen keine negativen Auswirkungen bezüglich der Stimmung haben werden. Männliche Befragte stimmen dem eher zu als weibliche (42 Prozent gegenüber 36 Prozent). Der Anteil derer, die der These nicht zustimmen, liegt jedoch nur acht Prozentpunkte hinter der Zustimmung zurück (31 Prozent). Ein weiteres Fünftel (22 Prozent) weiß hier keine Antwort.

Insgesamt stimmen die befragten Wähler aller Parteien der These eher zu, als daß sie das nicht tun. Mit einer Ausnahme: Die Wähler der AfD sind nur zu einem Viertel (25 Prozent) überzeugt, daß die Flüchtlingskrise keine negativen Auswirkungen auf die Stimmung haben wird. Im Gegensatz dazu ist bei ihnen eine klare Mehrheit von 59 Prozent gegenteiliger Meinung und stimmten der These nicht zu.

(Grafiken siehe PDF)