© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 27/18 / 29. Juni 2018

Grüße aus Bern
100.000 für jeden
Frank Liebermann

Bei einem Spaziergang durch die Innenstadt Berns gibt es viele schöne Gebäude zu bewundern. Am Bundesplatz sitzt das Parlament, wenige Schritte davon entfernt steht die Immobilie der Schweizerischen Nationalbank (SNB).

Gebaut wurde sie zwischen 1907 und 1912 von dem Architekten Eduard Joos. Er prägte mit einer Vielzahl von Sandsteinbauten die  Altstadt. Wer das Gebäude sieht, ist nicht sonderlich beeindruckt, wirkt es doch, mit seinen roten Geranien vor den Fenstern und Balkonen, eher beschaulich. Einzig prunkvoll ist der goldene Schriftzug „Schweizerische Nationalbank“ über dem Eingang, den ein stolzer Löwe in seinen Klauen hält.

Doch die SNB hält es mit dem Wahlspruch „mehr Sein als Schein“. Mit rund 800 Milliarden Franken in Form von Staatsanleihen, Aktien und Devisen ist die Bank außerordentlich reich. Noch vor wenigen Jahren waren das nur 70 Milliarden. 2017 erzielte die SNB einen Gewinn von 54 Milliarden Franken. Das ist der höchste Ertrag seit dem Bestehen der Institution.

Erste fordern bereits, die Schweiz solle einen Staatsfonds auflegen, analog zu Norwegen. 

Woher kommt diese Riesensumme? Selbst das profitabelste Unternehmen der Welt, nämlich Apple, liegt deutlich darunter. Sie ist die Folge von Wechselkursen. Viele Jahre wurden Devisenreserven aufgekauft, um den Franken bei einem Kurs von 1,20 Euro zu halten. Da das Geld nicht vorhanden war, wurde es einfach gedruckt.

Damit kaufte die SNB Euro und andere Fremdwährungen auf, um den Franken künstlich teuer zu halten. Hinzu kamen Aktienkäufe von großen internationalen Konzernen wie Apple, Microsoft und Facebook, deren Kurse in den vergangenen Jahren kontinuierlich nach oben zeigten. Als die SNB die Koppelung vom Euro löste, erreichte der Franken (CHF) die Parität zum Euro. Dies änderte sich in den vergangenen Jahren als der Euro wieder stieg. Damit konnte sich die SNB mit Gewinnen von überflüssigen Devisenreserven trennen.

Ein Teil des Geldes fließt an den Bund und an die Kantone. Diese Summen wecken Begehrlichkeiten. Die Ersten fordern bereits, die Schweiz solle einen Staatsfonds auflegen, analog zu Norwegen. „Die Norweger haben das Öl, wir den Schweizer Franken“, heißt es an den Stammtischen. Findige Berner Politiker hatten schon die Idee, das 800-Milliarden-Vermögen der SNB an die Bürger zu verteilen. Damit stünden jedem Schweizer rund 100.000 CHF zu. Mit dieser Idee könnte ich mich sehr gut anfreunden.