© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/18 / 06. Juli 2018

Grüße aus Rio
Ansteckende Lebensfreude
Elke Lau

Unser Schiff liegt in der finstersten Ecke des Kohlehafens. Ein Kleinbus sammelt uns an der Pier ein und fährt uns zum Ausgang, vorbei an einsturzgefährdeten Gebäuden, Müll und wilden Hunden. Wir sind froh, diese Strecke nicht laufen zu müssen.

Das Hafengelände ist eingezäunt. Als sich das Tor hinter uns schließt, stehen wir zunächst unschlüssig vor einer baufälligen Brücke. Mangels Alternative überqueren wir sie und befinden uns plötzlich „mitten drin im Plaisiervergnügen“, sprich: Endhaltestellte Busbahnhof Rio de Janeiro. 

Etwa dreißig bis vierzig Busse parken oder fahren, werden von buntgekleideten Menschen gestürmt, außer uns weiß anscheinend jeder, wo er hin will. Wir schauen hilflos auf das Getümmel, bis wir ein Fahrzeug mit dem Ziel Copacabana entdecken.

Sambarhythmen und feurige Tanzeinlagen bringen den Bus zum Schaukeln.

Das klapprige Vehikel ist proppevoll. Sofort kommt Bewegung in die Gemeinde. Junge Männer mit freiem Oberkörper und brasilianische Schönheiten in klitzekleinen Bikinis versuchen, einander Halt zu geben. Musikinstrumente ausgepackt und ab geht’s: Sambarhythmen und feurige Tanzeinlagen bringen den Bus zum Schaukeln, auch der Fahrer wird einbezogen. Auf dessen Schoß hat jetzt eine spärlich bekleidete junge Dame Platz genommen. Lebensfreude, die ansteckt. 

Endstation Copacabana. Es ist Sonntag und die Straße für Autos gesperrt. Spaziergänger, Rollschuhläufer und unzählige Musikgruppen verwandeln die Promenade in eine Vergnügungsmeile. Mittags sitzen wir auf der Terrasse eines Restaurants mit Blick auf Strand und Zuckerhut und genießen trotz mörderischer Hitze eine Flasche Rotwein. 

Dann soll uns der Bus zurückbringen. Wir finden sogar eine Haltestelle, aber das nutzt uns zunächst nicht viel. Nachdem drei 127er Busse an uns vorbeigerauscht sind, nehmen wir uns ein Beispiel an den Brasilianern: Wild winkend springen wir auf die Fahrbahn, und tatsächlich: Der nächste Bus hält.

Doch die Linienführung ist eine andere. Es beginnt zu dämmern, die Gegend wird einsamer, unübersichtlicher, wirkt regelrecht verkommen, anscheinend schon Vorläufer der Favelas. Der Bus leert sich zusehends. Das Unbehagen wächst, denn wir sind nun die letzten Fahrgäste, die am menschenleeren Hafen aussteigen. Erst als der Wachmann nach Kontrolle unserer Bordausweise das Tor hinter uns schließt, stecken wir ihm vor Erleichterung einen Geldschein zu.