© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/18 / 06. Juli 2018

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Eine Anfrage der AfD legt offen, an welche Medien die Bundesregierung ihr Werbebudget verteilt
Ronald Berthold

Zu Zeiten der Anzeigenkrise gelten Werbetreibende in den deutschen Printmedien zunehmend als „Heilige Kühe“. Sie zu verärgern gilt nicht selten als Tabu, bringen sie doch Umsatz. Einer der potentesten Anzeigenkunden ist die Bundesregierung. Sie gibt jedes Jahr große Summen aus, um in Zeitungen und Zeitschriften für ihre Projekte zu werben. Allein in diesem Jahr werden mehr als 67 Millionen Euro in die Pressearbeit fließen. Die detaillierte Antwort auf eine Anfrage der AfD-Fraktion zeigt nun erstmals, wie das Kabinett Werbegelder verteilt.

Großer Profiteur sind Bild, Bild am Sonntag und bild.de. Mit knapp sieben Millionen Euro finanzierte die Bundesregierung die zu Axel Springer gehörende Medienfamilie seit 2010 über Anzeigen. Zum Höhepunkt der Einwanderungskrise hatte die Boulevardzeitung massiv die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung unterstützt.

Auch die Gewerkschaften profitieren 

Auch die türkischsprachige Hürriyet profitiert vom öffentlichen Füllhorn. Das ergibt eine Auswertung der 408 Seiten starken Antwort durch die JUNGE FREIHEIT. Bemerkenswert erscheinen die Inserate der Bundesregierung seit 2010 in der Hürriyet. Denn diese hatte bereits ein Jahr zuvor aufgehört, ihre Auflage an die „Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern“ (IVW) zu melden. Zu diesem Zeitpunkt verkaufte sie in Deutschland am Kiosk und im Abonnement 26.000 Exemplare. Danach gibt es keine verläßlichen Zahlen mehr. Dabei gelten die von der IVW ermittelten Verkäufe als Gradmesser für Anzeigenpreise.

Dennoch erhielt die in Deutschland erscheinende Zeitung in fünf Jahren mehr als 96.000 Euro für die Veröffentlichung von Inseraten der Bundesregierung. Unter anderem mit je rund 20.000 Euro wurde sie für Werbung im Zusammenhang mit der Kampagne „Migranten im öffentlichen Dienst“ und die „Fachkräfteoffensive“ des Bundesarbeitsministeriums (BMAS) bedacht.

Die Aktion, den Migrantenanteil in den Behörden zu steigern, hatte sich das Merkel-Kabinett 2011 und 2012 beträchtliche Summen kosten lassen. Allein die Ausgaben für Zeitungsanzeigen beliefen sich 2011 auf 1,62 und ein Jahr später auf 1,22 Millionen Euro. Ein Anteil von 770.000 Euro ging an die Bild-Familie.

Die Bundesregierung setzt auch personell stark auf Öffentlichkeitsarbeit. Obwohl die Mitarbeiterzahl im Bundespresseamt (BPA) mit 508 den höchsten Stand seit zwölf Jahren erreicht hat, soll sie weiter wachsen: „Eine geringe Erhöhung der Anzahl der BPA-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um sieben (Plan-)Stellen ist im Rahmen der Haushaltsaufstellung 2018 und 2019 vorgesehen“, antwortete sie der AfD-Fraktion. In den übrigen Ministerien und dem Bundeskanzleramt gebe es weitere 315 „(Plan-)Stellen für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“. Damit beschäftigt die Bundesregierung weit mehr als 800 Menschen, die ihre Arbeit ins rechte Licht rücken sollen.

Für umstrittene Themen wie die Europapolitik wirbt Berlin besonders intensiv. Im vergangenen Jahr schaltete allein das BPA in dieser Sache Anzeigen in Print- und Onlinemedien im Wert von knapp zwei Millionen Euro. Diese Summe schüttete sie über 108 Zeitungen aus. Spiegel, Stern und Focus gingen dabei leer aus. An die Zeit flossen dagegen 75.859,28 Euro. Allerdings zahlte die Bundesregierung bei der Integrations-Kampagne im Jahr zuvor 133.729 Euro an den Spiegel, 81.567 an den Stern und an den Focus 67.730 Euro.

Inwieweit die Bundesregierung mit ihrem Werbeetat nicht nur PR in eigener Sache betreibt, sondern auch gezielt bestimmte Publikationen unterstützt, geht aus ihrer Antwort nicht hervor. Die DGB-Medien profitieren jedenfalls. Ein Beispiel: Für jeweils ein einziges Inserat im Gewerkschaftskalender zahlte das von der heutigen SPD-Vorsitzenden Andrea Nahles geleitete Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2013 bis 2015 jeweils mehr als 19.000, insgesamt also fast 60.000 Euro.

Der Freitag profitiert ebenfalls von der Werbefreudigkeit der Regierung. Er publizierte im Auftrag zweier SPD-geführter Ministerien in den vergangenen drei Jahren drei Anzeigen. Gesamtwert: mehr als 10.000 Euro. Die verkaufte Auflage lag dabei zunächst unter, 2017 dann knapp über 20.000 Exemplaren. Sogar mehr als 180.000 Euro erhielt die taz in den vergangenen vier Jahren für Inserate verschiedener Ministerien. Darunter das Bundesverteidigungsministerium, obwohl die linke Zeitung und ihre Leser zu den größten Kritikern der Bundeswehr gehören. AfD-Fraktionsvize Leif-Erik Holm, der die Anfrage mit initiiert hat, sagte der JF: „Es ist schon amüsant, zu sehen, wie sich ausgerechnet die ach so staatskritische taz mit reichlich Steuergeldern pampern läßt.“ Übrigens: Anzeigen von Bundesregierung und Ministerien in der JUNGEN FREIHEIT: Null.