© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/18 / 13. Juli 2018

Westeuropa ist keine Option
Südafrika: Bleiben oder doch gleich gehen – Buren und die Orania-Bewegung unter steigendem Druck
Mina Buts

Die Buren, oder besser die Afrikaaner von Südafrika, ringen um ihre Zukunft. Noch herrscht keine Einigkeit darüber, ob sie um ihr Land kämpfen wollen oder lieber gleich ihre Auswanderung planen. Nur eins wissen sie sicher: Die Verfassungsänderung zur entschädigungslosen Enteignung ihres Grundbesitzes wird kommen. 

Bis Ende Juni waren die Bewohner des Landes aufgerufen, ihre Meinung zu dieser gravierenden Gesetzesänderung, die das halbwegs friedliche Zusammenleben von schwarzer Bevölkerung und Buren seit dem Ende der Apartheid 1992 schlagartig beenden wird, zu äußern. 

Auch ohne die Unterstützung der ehemaligen Anti-Apartheidpartei ANC, die ihren Wählern auf ihrer Webseite Hilfestellung für das Kreuzchen an der richtigen Stelle gab, war das Ergebnis der Befragung vorhersehbar, sind doch 85 Prozent der Bewohner des Landes schwarz. Ihnen haben der ANC und die noch weiter links stehende Partei Economic Freedom Fighters (EFF) das Land der weißen Farmer versprochen. 

Ausreise nach Ungarn und Rußland als Alternative 

Die Befürchtung, auch die schwarzen Homelands oder das Königreich der Zulu könnten davon betroffen sein, zertreute der Ministerpräsident Cyril Ramaphosa: Jene 13 Prozent des Landes, die heute in der Hand „traditioneller“, also schwarzer, Stammesfürsten oder Könige sind, oder Schwarzen gehören, werden ausgenommen. Tatsächlich geht es also nur um eine Enteignung der weißen Farmer. 26 Jahre nach dem Ende der Apartheid beginnt also nun eine „Tyrannei der schwarzen Apartheid“, wie Barend Daubern von der Burenpartei NCP sie nennt.

Die größte Oppositionspartei im Parlament, die Demokratische Allianz (DA), warnt vor den Versprechungen, die ANC und EFF geben. Sie seien „höchst unmoralisch“, das Land könne nicht nach Gutdünken an besitzslose Schwarze, die oft keine Ahnung von Landwirtschaft hätten, gegeben werden. Das sei einfach eine Lüge. Doch davon wollen weder der ANC noch die EFF etwas hören. Schließlich finden im kommenden Jahr Wahlen statt, bei denen der ANC mit seinem großzügigen Geschenk an die Stammwähler zu punkten hofft. Julius Malema (EFF) hingegen ist wegen seiner krassen rassistischen Äußerungen vor allem bei den jugendlichen Schwarzen beliebter als der ANC. Die „Zeit des Ausgleichs“, so Malema, sei endlich vorbei.  

Die Buren versuchen nun, sich für die kommende Zeit zu rüsten. Ein Verkauf ihrer Farmen, so berichten Augenzeugen, gelingt schon nicht mehr. Vor allem bei den Jüngeren herrscht der Wunsch vor, ihren Besitz, notfalls auch mit Waffengewalt, zu verteidigen. Welche Erfolgschancen das hat, läßt sich am Bevölkerungsanteil – gerade einmal acht Prozent sind Weiße – ablesen. So sehen viele als einzige Option die Auwanderung, und tatsächlich hat der Exodus schon begonnen. Mehr als 5.000 Buren sind – zur großen Freude des Perther Generalstaatsanwalts Christian Porter, der sie bei ihrer Immigration unterstützt und besonders ihren Fleiß lobt – bereits nach Australien ausgewandert.

Auch die Orania-Bewegung, eine gewichtige Interessenvertretung der Weißen, lotet zur Zeit ihre Möglichkeiten aus. Dabei steht gerade diese Bewegung für eines der erfolgreichsten Siedlungsprojekte in Südafrika: Mehr als 1.500 Bewohner – ausschließlich Weiße –  leben in Orania auf mehr als 500 Farmen. Die Gemeinde ist selbstverwaltet und hat einen basisdemokratisch  gewählten Präsidenten. Sie unterhält zwei eigene Schulen auf ihrem Grundgebiet, verfügt über eine eigene Flagge und mit dem „Ora“ sogar über eine eigene Währung. Vor allem Pekannüsse werden hier produziert. 

In den vergangenen zwei Wochen war eine Delegation aus Orania unter Führung von Jan Andrian Slebus in Ungarn, Serbien und Rußland und verhandelte dort mit Bürgermeistern über eine mögliche Aufnahme. Westeuropa, so Slebus, sei wegen der dort herrschenden politischen Verhältnisse keine Option. Nun meldetet die Komsolmolskaja Prawda, die von den Oraniern besuchte russische Stadt Stavropol im nördlichen Kaukasus sei bereit, sofort 15.000 Buren aufzunehmen.