© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/18 / 20. Juli 2018

Zwischen Reichstag und Kanzleramt
Plakatieren – bald – verboten!
Christian Vollradt

Sommerpause im Bundestag. Die meisten Abgeordneten sind ausgeflogen, zurück in ihrem Wahlkreis oder bereits im Urlaub. So bekommen sie nicht direkt mit, daß in einem Teil des Jakob-Kaiser-Hauses (JKH) das gläserne Flachdach nicht dem ersten Starkregen im Juli trotzen konnte. Nun müssen sich die dort Beschäftigten ihren Weg im Slalom um graue Plastikeimer bahnen, in die das Naß von oben tropft. Eine unbürokratische, wenn auch nicht sehr nachhaltige Lösung.

Ganz anders sieht es da bei einem anderen Problem im Hause aus, das es nach der Parlamentspause zu lösen gilt: dem „Krieg der Plakate“. Etwa ab dem Zeitpunkt, zu dem die Spitze und große Teile der AfD-Fraktion umzogen und Quartier in dem aus acht Gebäuden bestehenden JKH nahmen, begannen Mitarbeiter anderer Fraktionen, mit plakativen Bekenntnissen „Zeichen zu setzen“. Auf den Türen oder an den zum Innenhof gerichteten Fenstern von Büros zumeist der Linksfraktion oder der Grünen hängen seitdem Plakate, die den „Antifaschismus“ preisen, die den „Tag der Befreiung“ feiern oder „Bunt statt Grauland“ fordern. 

Andere bekennen schlicht „FCK NZS“, was vokalisiert „Fuck Nazis“ und übersetzt soviel wie „Sch... auf Nazis“ bedeutet. Der Adressat, das ist unschwer zu erkennen, ist die im gegenüberliegenden Trakt untergebrachte AfD. Von dort aus antworteten manche ihrerseits mit der im Fenster ausgehängten Parole „Antifa-Ausstieg – jetzt!“

Doch was in Universitäten – und dort vor allem in den Liegenschaften der studentischen Mitverwaltung – ein vertrautes Bild ist, verstößt gegen die Würde des Hohen Hauses. Das meinen jedenfalls viele Abgeordnete, die sich darüber beim Ältestenrat beschwerten. Das vertraulich tagende Gremium aus Bundestagspräsidium und den Parlamentarischen Geschäftsführern der Fraktionen mußte sich seit dem Frühjahr immer wieder damit befassen. Die Bundestagsverwaltung arbeitete daraufhin eine Änderung der Hausordnung aus, die dem großformatigen Wildwuchs ein Ende setzen sollte. Ziel: eine klare Regelung, mit der die politische Auseinandersetzung und der Meinungskampf zwischen den gegnerischen Fraktionen auf das Plenum und die parlamentarischen Gremien beschränkt und aus den Bürofluren verbannt werden soll. Nach Ansicht der Beamten sei in diesem Zusammenhang eine Differenzierung nach Art und Beschaffenheit oder aber nach Inhalten praktisch nicht möglich. Kritik daran kam vor allem von – wen wundert’s – Linken und Grünen. Mit einem ausnahmslosen Plakatverbot drohe der Bundestag zum politikfreien Raum zu werden, hieß es von dort. 

Doch eine Mehrheit von CDU/CSU, SPD, AfD und FDP stimmte der Beschlußvorlage zu. Nun ist das „Anbringen von Aushängen, insbesondere Plakaten, Postern, Schildern und Aufklebern an Türen, Wänden und Fenstern in den allgemein zugänglichen Gebäudeteilen sowie von außerhalb der Gebäude sichtbar an den Fenstern und Fassaden der Bundestagsliegenschaften“ nicht gestattet. Umsetzen muß dies der zuständige Ausschuß – nach der Sommerpause.