© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/18 / 20. Juli 2018

Stolz auf den Paradigmenwechsel
Europäische Union: Als Ratsvorsitzender gibt Österreich im Verbund mit Italien beim Thema Migration die Richtung vor
Verena Rosenkranz

Eine idyllische Kulisse mitten im Herzen von Österreich wählte vor einigen Tagen Bundeskanzler Sebastian Kurz für die Amtsübergabe des EU-Ratsvorsitzes. Obwohl das Wetter nur kühle Regenschauer beitrug, war die Stimmung wärmstens. Betont freundschaftlich zeigen sich in bezug auf den angelaufenen sechsmonatigen Vorsitz nun auch die übrigen Regierungsmitglieder. Allerdings mit klaren Ansagen zu ihrem zuvor bereits festgelegten Hauptanliegen „Asyl“. 

Nach der Pressekonferenz der Innenminister spricht der österreichische Gastgeber Herbert Kickl (FPÖ) von „einer fruchttragenden Diskussion“ mit seinen Amtskollegen. Inhalt war dabei vor allem die Eindämmung der illegalen Zuwanderung und Lösung der Asylkrise, welche im Jahr 2015 ausgelöst worden sei: „Der Eindruck des Kontrollverlustes von damals wirkt bis heute noch sehr nachhaltig“, und das sollte sich möglichst rasch durch „eine krisenfeste“ gemeinsame Lösung ändern, so der freiheitliche Innenminister.

Nach österreichischem Modell sollte nun eine Landeplattform für Bootsflüchtlinge im Mittelmeer installiert werden, von wo illegale Migranten wieder ausgeschifft und zurückgebracht werden können.  

Das EU-Recht sowie das Völkerrecht biete genügend Spielraum, hier innerhalb der gesetzlichen Möglichkeiten tätig zu werden, wie der Innenminister in Innsbruck nach dem informellen Zusammentreffen bekanntgab. 

Seehofer voll des Lobes für Österreichs Regierung 

Auch die erst kürzlich von Vizekanzler Heinz-Christian Strache als Schlepperorganisation kritisierte Grenzschutzagentur Frontex sollte demnach eine weitere Stärkung erfahren. Funktioniere erst mal der Schutz der EU-Außengrenzen, dann werde auch die Solidarität der übrigen Mitgliedsländer wachsen, eine gemeinsame Lösung in der Migrationsfrage zu finden, ist Kickl überzeugt. Von der Notwendigkeit, einen Paradigmenwechsel einzuleiten, sprach auch der italienische Innenminister Matteo Salvini von der Lega Nord. In einer spontan anberaumten Pressekonferenz mit seinen Kollegen Herbert Kickl und Horst Seehofer zeigte er sich voll des Lobes für die österreichischen Pläne. 

Gemeinsam wollen die drei Länder über den Ratsvorsitz der Alpenrepublik hinaus den Ton in Sachen Asylpolitik vorgeben. „Bevor ich jemanden in meinem Land anlegen lasse, möchte ich wissen, ob er kriminell ist oder nicht und wer genau diese Person ist“, verdeutlichte Salvini und stimmte damit den Aussagen von EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos zu. Der griechische Vorsitzende meinte gleich zu Beginn, daß er bereits optimistisch angereist war, der Tag aber noch „viel besser geworden“ sei, als er es erwartet habe. Dem derzeitigen Ratsvorsitzland Österreich und allen geistigen Mitstreitern sicherte er sein vollstes Vertrauen zu.

Eine wesentlich härtere Gangart als bisher wünscht sich auch Innenminister Seehofer. Der Überraschungsgast auf dem Podium, das normalerweise der EU-Ratspräsidentschaft und der EU-Kommission vorbehalten ist, solle für Kickl als „Garant“ dienen, daß seine Pläne auch über die Funktionsperiode seines Landes hinaus verfolgt werden. Das erklärte gemeinsame Ziel sei es, bis zum Jahr 2020, in dem Deutschland den Vorsitz übernimmt, bereits maßgebliche Fortschritte in der Causa Zuwanderung gemacht zu haben.