© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/18 / 20. Juli 2018

Zeitschriftenkritik: Freiburger Universitätsblätter
Im Widerstand gegen das NS-Regime
Dirk Glaser

Fast alle größeren deutschen Universitäten geben ein „Uni-Magazin“ heraus. Diese zumeist dünnen, bunt illustrierten Publikationen dienen der Eigenwerbung, vermitteln Einblicke in prestigeträchtige Projekte der „Spitzenforschung“. Sie sollen private Förderkreise zu Spendierfreudigkeit animieren und wenden sich an jene infolge der „Bologna-Reform“ arg geschrumpfte Quote der Studierenden, die über den Tellerrand blickend wissen möchte, was Bildung jenseits des Rattenrennens nach „Credit Points“ bedeuten könnte.

Über diese, eher bescheidener Horizonterweiterung dienenden Hochglanzformate ragen die 1962 gegründeten Freiburger Universitätsblätter deutlich hinaus. Dem damals selbstverständlichen Ideal des Studium generale auch heute noch verpflichtet, will die Quartalsschrift mit jedem ihrer stattlichen Hefte nicht nur Einblicke ins Spektrum der Forschung ermöglichen, die in Seminaren und Laboren der zweitältesten badischen Universität stattfindet, sondern Themen aufgreifen, die überregional von der gesellschaftspolitischen Relevanz Freiburger Wissenschaft zeugen. 

Unter der Überschrift „‘Seelisch-geistige’ Gegenwartskatastrophe und christliche Zukunftsplanung – ‘Der Freiburger Kreis’“ geht es im aktuellen Heft (219/2018) um ein akademisches Segment der Geschichte des Widerstands gegen das NS-Regime. Der Kern dieses „Freiburger Kreises“ setzte sich aus den Nationalökonomen Walter Eucken, Constantin von Dietze, Adolf Lampe sowie dem Historiker Gerhard Ritter zusammen. Aus dem Milieu des evangelischen „Kirchenkampfes“ hervorgegangen, führte der Weg dieser Professorengruppe 1943 endgültig in den aktiven Widerstand. Denn nach dem Wendepunkt von Stalingrad wollten sie mit ihren wirtschafts- und sozialpolitischen Konzeptionen Einfluß auf die Nachkriegsplanungen der Zirkel um Dietrich Bonhoeffer und Carl Goerdeler nehmen. Dadurch wirkten sie mittelbar zugleich auf Diskussionen im Kreisauer Kreis und unter den Exponenten der Militäropposition im Berliner Bendlerblock ein.

Obwohl in den letzten 30 Jahren Hintergründe hell ausgeleuchtet, Biographien und Netzwerke erforscht worden sind, hält auf den Hochsitzen der Moral der Streit an, ob es sich überhaupt um „Widerstand“ gehandelt habe. Ein peinlicher Disput, der sich etwa in der Provinzposse um den Gerhard-Ritter-Preis der Badischen Zeitung niederschlug, der seit 2008 nicht mehr so heißt, weil die Herausgeber des Blattes in einer posthumen Spruchkammerverhandlung dem nationalkonservativen Historiker demokratische Defizite attestierten. Diesem Ungeist huldigt hier der Beitrag seines sich von jeher um die „Ambivalenzen“ Ritters grämenden Biographen Christoph Cornelißen. Womit er sich ungünstig abhebt vom sonstigen hohen Niveau, etwa des neue Quellen zu Walter Eucken erschließenden Aufsatzes von Uwe Dathe oder den Studien zum Widerstandsrecht nach protestantischer und  katholischer Auffassung.

Kontakt: Freiburger Universitätsblätter, Rombach Verlag, 79098 Freiburg. Erscheint vierteljährlich. Das Heft kostet 8 Euro, ein Jahresabonnement 26 Euro.  

 www.rombach-verlag.de