© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/18 / 20. Juli 2018

Frisch gepresst

Dostojewski. Jahrzehntelang sah es nach 1945 so aus, als hätten die Romane und Erzählungen des russischen Schriftstellers Fjodor Dostojewski (1821–1881) zumindest dem westlichen Lesepublikum kaum noch etwas zu sagen. Was ihrer weltanschaulichen Überfrachtung geschuldet zu sein schien, ihrer Fixierung auf „große Fragen der Menschheit“. Die bewegten zuletzt in der Zwischenkriegszeit, im „Zeitalter der Extreme“ die Intellektuellen. Nicht zufällig fiel auch der Höhepunkt der deutschen Dostojewski-Rezeption in die Zeit der krisengeschüttelten Weimarer Republik, als slawophile Exponenten der „Konservativen Revolution“ den Dichter als einen ihrer Vorläufer begrüßten. Den Autor, der 1848 als leidenschaftlicher Revolutionär begann, um sich zum christlichen Streiter gegen die „gottlose Moderne“ zu wandeln, stellt der Baseler Slawist Andreas Guski zu Recht in den Mittelpunkt seiner durch souveräne Stoffbeherrschung imponierende, weite Horizonte absteckende Dostojewski-Biographie, die die Literatur- mit der Geistes- und politischen Geschichte Rußlands verwebt. So ergeben sich auch erstaunliche Parallelen zur aktuellen geistigen Situation der Zeit, die aus der Sicht Moskaus vom altvertrauten Gegensatz des westlichen, nihilistischen Liberalismus und des von Dostojewskis revitalisierten Ideen geprägten russischen „Gottesträgervolkes“ bestimmt wird. (dg)

Andreas Guski: Dostojewski. Eine Biographie. Verlag C. H. Beck, München 2018, gebunden, 460 Seiten, Abbildungen, 28 Euro 





Entführt. 276 Schülerinnen entführte die Islamistengruppe Boko Haram im April 2014. Zu Beginn nahm die Weltöffentlichkeit großen Anteil an dem Fall, aber nach einigen Wochen schwand das Interesse. Corinna Turner wollte das nicht hinnehmen. Akribisch recherchierte sie die Entführung, bei der Mädchen vergewaltigt, getötet oder zur Islamkonversion gezwungen wurden. Das Resultat ist der Roman „Eines Tages“, der sich an den wahren Ereignissen in Nigeria orientiert. Die Autorin verlegte die Handlung in ein Mädcheninternat in England, um den Leser zu zwingen, „sich 100prozentig mit dem Geschehen zu identifizieren“. Der Roman erschien zum zweiten Jahrestag der Verschleppung in Großbritannien. Noch heute sind in Nigeria über 100 der entführten Mädchen verschollen. (eli)

Corinna Turner: Eines Tages. Wird der Albtraum jemals enden? Verlag Petra Kehl. Künzell 2017, broschiert, 184 Seiten, 8,90 Euro