© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/18 27. Juli / 03. August 2018

NS-Ideologie: Nur rhetorische Verdammung des Liberalismus
Völkischer Kapitalismus
(dg)

Die Deutsche Umsiedlungs-Treuhandgesellschaft (DUT) war nach 1939 für die Verwaltung des Vermögens volksdeutscher Umsiedler aus dem Baltikum, Galizien und Wolhynien in den Warthegau zuständig. Zu ihren Hauptaufgaben gehörten Vermögensausgleich und Kreditvergabe bei der Wiederansiedlung. Die DUT gewinnt in Alexa Stillers vor dem Deutschen Historischen Institut in Washington gehaltenen Vortrag gleichwohl große exemplarische Bedeutung. Dafür muß sie allerdings bis tief in die 1930er zurückreichende, um 1968 revitalisierte Ansichten der Frankfurter Schule über „Kapitalismus, Liberalismus und Faschismus“ aufwärmen (Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 5/2018). Die DUT sei ein getreues Abbild des im Dritten Reich herrschenden „völkischen Kapitalismus“ gewesen. Denn trotz eifriger ideologischer Verdammung des Liberalismus gehorchte die privatrechtliche GmbH streng kapitalistischen Prinzipien. Das Privateigentum an Produktionsmitteln war garantiert, die Marktmechanismen blieben bestehen, wenn auch die Geschäfte in regulierter Form erfolgten. Herbert Marcuses Gedankengänge aufgreifend, glaubt Stiller anhand dieses Beispiels zu bestätigen, daß das NS-Regime sich mit der Propagierung antikapitalistisch-antiliberaler Ideologie begnügt habe, um die effiziente privatwirtschaftliche Organisation unangetastet zu lassen. 


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