© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/18 27. Juli / 03. August 2018

Argumentative Angriffslust
USA: Ein konservativer Komödiant fordert in den Vereinigten Staaten die linke Diskurshegemonie heraus
Björn Harms

Eine junge Studentin nähert sich Steven Crowder mit hektischen Schritten und verzieht dabei angewidert ihr Gesicht. „Fick dich, du bist verdammter Abschaum“, faucht sie dem 31jährigen ins Ohr, bevor sie von einem Sicherheitsmann von Handgreiflichkeiten abgehalten werden kann. Crowder schaut kurz verdutzt auf, bedankt sich dann höflich und lacht. Derartiges ist der überzeugte Konservative gewohnt. Er weiß: Sein Versuch, auf offener Straße – in diesem Fall auf dem Campus der SMU-Universität in Texas – mit Personen aus dem linksliberalen Spektrum ins Gespräch zu kommen, trifft nicht überall auf Gegenliebe.

Universitäten verwehrten ihm den Zutritt

Der Comedian betreibt seit nunmehr drei Jahren seine überaus erfolgreiche Show „Louder with Crowder“ – rund 2,2 Millionen Abonnenten und 450 Millionen Videoaufrufe bei Youtube sprechen für sich. Losgelöst von den Hindernissen klassischer Medien und fern von jeder Art des Politisch-Korrekten belustigt sein ungefilterter Ansatz ein stetig wachsendes Publikum – junge, rebellische Konservative, die in ihm eine Art Sprachrohr für den Kampf gegen die linke Meinungshoheit in der Gesellschaft sehen.

Doch nicht nur sein brachialer Humor machte den gebürtigen Kanadier bekannt, auch die Videoreihe „Change my mind“ („Ändere meine Meinung“) sorgt derzeit in den USA für Furore. „Es ist im Grunde nur eine Sendung, bei der wir zwei Stühle aufstellen, ein vermeintlich kontroverses Thema aussuchen und Leuten die Möglichkeit geben, meine Meinung zu ändern“, erklärt Crowder die simple Vorgehensweise. Die Themen etwa lauten: „Sozialismus ist böse“, „Es gibt nur zwei Geschlechter“ oder „Ich bin gegen Waffenverbote“. Aus linker Sicht haben derartige Sätze einen beinahe sakrilegischen Charakter. Entsprechend ungläubig blicken die vorbeilaufenden Studenten meist auf das Schild, hinter dem Crowder sitzt, vereinzelt jedoch wagen sie sich in den argumentativen Schlagabtausch.

Der Wahlamerikaner läßt sein Gegenüber dabei stets ausreden, wird nicht unhöflich und versucht selbst, präzise Argumente zu liefern. Häufig kommen erstaunlich zivilisierte und konstruktive Gespräche zustande. In den USA, wo der Kulturkampf Links gegen Rechts noch schärfere Ausmaße angenommen hat, als in Deutschland, ist dies durchaus bemerkenswert. 

Mehrmals verwehrten ihm Universitäten nach Protesten von Studenten den Zutritt auf ihr Gelände. Seine Äußerungen würden „Haßrede“ beinhalten, so der Vorwurf. Für Crowder kein Grund, klein beizugeben.

Der Großteil der heutigen Studenten sei ohnehin eine „Schar von weinerlichen College-Babies, die allein beim Gedanken an mich ihre Windeln besudeln“, belustigt er sich. Die Agenda an den Universitäten sei klar: „Du sollst kein Konservativer sein. Du sollst die linke Agenda nicht in Frage stellen. Du sollst zu keiner Zeit die ‘Social Justice Warriors’ (JF 15/18) verspotten, für all den Unsinn, den sie verbreiten.“

Doch mit seiner offenen und direkten Art eckt Crowder auch in konservativen Kreisen an, verlor deshalb sogar seinen Job beim Fernsehsender Fox News. In einem Radiointerview hatte er seinen Kollegen Sean Hannity, Grandseigneur der politischen Berichterstattung und bekannter Moderator des Fernsehkanals, für seine laienhafte Gesprächsführung kritisiert. Der zeigte sich wenig begeistert und ließ seinen Einfluß im Sender spielen – Crowder mußte gehen. 

Dabei ging es dem damals 26jährigen nicht etwa um die Person Hannity. Vielmehr störte er sich an der mangelnden argumentativen Angriffslust. „Ich habe größten Respekt für Sean“, erklärte Crowder anschließend, nicht jedoch vor der Zaghaftigkeit, mit der er liberalen Gesprächspartnern und Politikern der Demokraten begegne. „Es ist, als würde man seinen Bruder beobachten, wie er vom Highschool-Punk verprügelt wird.“ Zu oft hätten Konservative das Bedürfnis, „nach Regeln der Liberalen zu spielen, die sie in eine unterwürfige Position bringen und die es ihnen erlauben, eine Argumentation zu verlieren, noch bevor sie beginnt. Als jemand, der glaubt, daß Angriff die beste Verteidigung ist, kann das frustrierend sein.“

Ob er sich mit dieser konfrontativen Einstellung nicht häufig selber im Weg steht? Crowder wischt die Bedenken beiseite. „Es ist wichtig, unliebsame Meinungen mit einem klaren Standpunkt zu vertreten“, sagt er. Deshalb wolle er weiterhin das Gespräch mit Linken suchen. Auch wenn er ab und an von der Seite angepöbelt wird.