© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/18 / 10. August 2018

Zeitschriftenkritik: History Collection
Vage Behauptungen
Werner Olles

Das unerschöpfliche Thema der NS-Diktatur läßt auch die deutsche Ausgabe von History Collection nicht ruhen. Das aktuelle Heft (August/September 2018) befaßt sich in seiner Titelgeschichte mit „Leben und Alltag im Dritten Reich“. Im Vorwort heißt es: „Die junge deutsche Demokratie, die der NSDAP ihren Aufstieg ermöglicht hat, findet ein (vorläufiges) Ende. Hitler etabliert sich als Diktator und Befehlshaber der deutschen Armee, die sich schnell zu einer modernen Kriegsmaschinerie entwickelt.“

Tatsächlich wurde die deutsche Wirtschaft nach dem Ersten Weltkrieg durch den Versailler Vertrag und eine Hyperinflation gelähmt. 1929 trieb der Crash an der Wall Street auch in Deutschland die Arbeitslosigkeit in die Höhe. Dies spielte den Nationalsozialisten in die Hände, die das Land durch ein Programm zur Förderung von Industrie, Landwirtschaft und Militär aus Armut und Arbeitslosigkeit zu befreien versprachen. 1935 hatte sich die Rekordarbeitslosigkeit bereits halbiert, der Rückgang war vor allem auf große Infrastrukturprojekte zurückzuführen.

Im Beitrag über die Hitlerjugend heißt es, daß alle Kinder und Jugendlichen in die HJ gezwungen wurden. In der Realität war die Mitgliedschaft bis 1939 freiwillig, wenn auch der Druck zur Teilnahme hoch war. 1936 übertraf die Eröffnung der Olympischen Spiele in Berlin alle Erwartungen. Sportler aus vielen Nationen marschierten mit wehenden Fahnen in das neugebaute Stadion. Der schwarze Sprinter Jesse Owens war der Star der Spiele und gewann vier Goldmedaillen. Die Legende, Hitler habe sich geweigert, Owens Hand zu schütteln, stimmt nicht. Am ersten Tag gab er noch jedem deutschen Gewinner die Hand, doch dann riet man ihm, allen oder niemandem zu gratulieren. Hitler entschied sich für letzteres. Owens konnte seine Teamkollegen überall hin begleiten, was ihm in den USA aufgrund der Rassentrennung nicht möglich war.

Abenteuerlich ist der Beitrag über die Gestapo, eine Erfindung Görings, die angeblich bereits im April 1933 unter Einfluß Himmlers geriet. Erster Gestapo-Chef war jedoch Rudolf Diels, der etlichen NS-Gegnern, darunter Paul Löbe und Ernst Torgler, zur Flucht verhalf und nach dem Versuch, in der Schweiz Asyl zu bekommen, 1944 verhaftet wurde. In den Nürnberger Prozessen trat Diels als Zeuge auf, nachdem er sein Entnazifizierungsverfahren unbeschadet überstanden hatte. Über den Reichkriminaldirektor im Reichsicherheitshauptamt Arthur Nebe heißt es, er sei „vor Kriegsende gestorben“. Doch Nebe hatte Kontakte zum deutschen militärischen Widerstand um Hans Oster, Generaloberst Ludwig Beck und Henning von Tresckow. Nach dem Attentat auf Hitler wurde er vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und in Plötzensee erhängt. 

Leider durchziehen solche Ungenauigkeiten und vagen Behauptungen das ganze reich bebilderte Hochglanz-Heft, das dadurch als populär-historischer Beitrag zum Leben unter dem Hakenkreuz unglaubwürdig ist.

Kontakt: bpa Media GmbH, Georgstr. 48, 30159 Hannover. Das Heft kostet 9,95 Euro.

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