© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/18 / 17. August 2018

CD-Kritik: Anton Bruckner
Schularbeiten
Jens Knorr

Wären sie nicht von Bruckner, würde kein Hahn nach diesen Piècen krähen. Die Pianistin Ana-Marija Markovina ist nicht die erste, die Bruckners Gelegenheitsstücke aus den 1850ern auf Tonträger verewigt hat: bürgerlich-häusliche sowie -gesellige Dutzendware vom Schlage der Quadrillen – die vierhändige zusammen mit Rudolf Meister – und „Steiermärker“, „die Schuberts Tanzmusik für Klavier naiv- anspruchslos nachempfinden“ (Mathias Hansen).

Doch ist Markovina die erste Interpretin, die Bruckners „Schularbeiten“ aus Kitzlers Studienbuch nachgegangen ist, angefertigt unter Aufsicht des Linzer Theaterkapellmeisters Otto Kitzler. Nach erfolgreicher Prüfung am Wiener Konservatorium 1861 hat Bruckner bei Kitzler Unterricht in Instrumentation und Formenlehre genommen. Der lebenslange Widerspruch zwischen künstlerischer und formaler Existenz Lehrer wird in diesen Arbeiten kaum schon ausgetragen. Dem Notentext haftet die Versicherung bei musikalischen Autoritäten an, dem Manne wird sie sein Leben lang anhaften.

Markovina holt aus den Studien, Fragmenten, Skizzen mehr heraus, als die gefesselte Phantasie des Schülers hineingeschrieben hat. Sie erzählt von der psychischen Disposition des – um eine briefliche Äußerung Bruckners abzuwandeln: – Kettenhundes, der sich von seiner Kette noch nicht losgerissen hat.

Anton Bruckner Klavierwerke. Ana-Marija Markovina Hänssler Classic 2018  www.haensslerprofil.de